Der Bundesfinanzhof hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, wie eine Ermittlung der Vorsteueraufteilung bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorzunehmen ist.
In dem entschiedenen Fall war streitig, ob die Vorsteuern auf Eingangsleistungen zur Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes in den Streitjahren (2004 und 2005) nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze aufgeteilt werden konnten.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ihr Unternehmensgegenstand der Bau und die Vermietung von Gebäuden. Auf einem von ihr erworbenen Grundstück ließ sie ein gemischt genutztes Gebäude errichten, das im Erdgeschoss durch zwei Ladengeschäfte (steuerpflichtige Vermietung) und im ersten und zweiten Obergeschoss als Wohnung (steuerfreie Vermietung) genutzt werden sollte.
Die auf die Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge betrugen 2004 insgesamt 20.947,53 EUR und 2005 insgesamt 100.632,98 EUR. Die abzugsfähigen Vorsteuern berechnete sie nach dem Verhältnis der voraussichtlich steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen (Umsatzschlüssel). Dies ergab ein Verhältnis von 51,54 % (Erdgeschoss/steuerpflichtige Vermietungsumsätze) zu 48,46 % (Obergeschoss/steuerfreie Vermietungsumsätze). Nach dem sog. Flächenschlüssel dagegen entfielen in den Streitjahren auf das Erdgeschoss 23,35 % und auf die Obergeschosse 76,65 %.
Nachdem die Klägerin die Umsatzsteuer-Erklärung 2004 und die Umsatzsteuer-Voranmeldungen Januar bis April 2005 eingereicht hatte, führte das beklagte Finanzamt eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Die Prüferin hielt den von der Klägerin angewandten Umsatzschlüssel ab dem 01.01.2004 für unzulässig und kürzte die geltend gemachten Vorsteuern unter Anwendung des sog. Flächenschlüssels.
Gegen den in der Folge entsprechend ergangenen Steuerbescheid legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein. Die hiergegen gerichtete Klage hatte beim Finanzgericht Erfolg, da nach Auffassung des Finanzgerichts die Klägerin zur Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel berechtigt sei. Die Anwendung des Umsatzschlüssels sei zwar nach § 15 Abs. 4 S. 3 UStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 ab dem 01.01.2004 ausgeschlossen, diese Norm stehe aber nicht mit dem Unionsrecht in Einklang, sodass sich die Klägerin unmittelbar auf die Regelungen der Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) berufen könne, die als Regelaufteilungsmaßstab den Umsatzschlüssel vorsehen.
Die Revision des Finanzamtes gegen dieses Urteil hatte nun Erfolg.
Das Urteil wurde vom Bundesfinanzhof aufgehoben, weil das Finanzgericht § 15 Abs. 4 S. 3 UStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 nicht angewandt und die Vorsteuern, um die es hier geht, stattdessen unmittelbar nach Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG zugeordnet hat.
Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 UStG in richtlinienkonformer Auslegung nur zulässig, wenn keine andere – präzisere – Zurechnung möglich ist. Bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes richtet sich die Vorsteueraufteilung im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel. Zur weiteren Begründung verweist der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung auf sein Urteil vom 07.05.2014.
Das Urteil des Finanzgerichts widerspricht diesen Maßstäben und war deshalb aufzuheben. Das Finanzgericht ist bei seiner Entscheidung rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass § 15 Abs. 4 S. 3 UStG bei der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes wegen Richtlinienwidrigkeit nicht anwendbar ist und sich der Unternehmer daher auf die für ihn günstigere Anwendung des Umsatzschlüssels nach Art. 17 Abs. 5 i.V.m. Art. 19 der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann. Demgegenüber ist § 15 Abs. 4 S. 3 UStG bei richtlinienkonformer Auslegung anwendbar, sodass die Klägerin grundsätzlich zu einer Aufteilung nach dem Flächenschlüssel verpflichtet ist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 03.07.2014 – V R 2/10