martina heck

13.05.2014

Der Trennungshund

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart dürfte es sich bei den Billigkeitserwägungen im Sinne des § 1361 a Abs. 2 BGB weniger um solche handeln, die das Wohl des Hundes betreffen, als vielmehr um solche, die eine sinnvolle Teilhabe der getrenntlebenden Eheleute an den zur Disposition stehenden “Haushaltsgegenständen” und damit auch Tieren ermöglichen.

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Stuttgart einen Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt bestätigt, mit dem ein getrennt lebender Ehepartner verpflichtet wurde, einen Hund herauszugeben.

Der Hintergrund:

Die streitenden Parteien waren seit dem 10.11.2012 getrennt lebenden Eheleute und stritten über die Zuweisung und Herausgabe der vierjährigen Malteserhündin Babsi.

Die Hündin wurde während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens von beiden Eheleuten gemeinsam zu einem Kaufpreis von 400,- bis 450,- EUR erworben, der überwiegend aus Mitteln der Antragstellerin bezahlt wurde. Am Tag der Trennung und des Auszugs der Antragstellerin hatte der Antragsgegner Babsi weggebracht, um eine Mitnahme des Hundes durch die Antragstellerin zu verhindern. Seither hat die Antragstellerin das Tier bis zur ersten mündlichen Verhandlung am 31.10.2013 nicht mehr gesehen.

Die Antragstellerin studiert BWL, mittlerweile im 6. Semester und ist dafür maximal zwei Tage für ihre Vorlesungen außer Haus. Der Antragsgegner ist arbeitslos und ist daher während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens häufiger mit Babsi Gassi gegangen.

In der zweiten mündlichen Verhandlung am 21.01.2014 offenbarte der Antragsgegner, dass Babsi nach der ersten mündlichen Verhandlung ungewollt vom Chihuahua vom Vater des Antragsgegners trächtig geworden sei und am 14.02.2014 Welpen in noch unbekannter Anzahl empfangen werde. Nach der angefochtenen Entscheidung kam es jedoch zu einer Kaiserschnittentbindung von Babsi am 18.02.1014, wobei der einzig geborene Welpe verstarb.

Die Antragstellerin beruft sich auf ihr Alleineigentum am Hund, da sie die überwiegenden Kosten für diesen getragen habe und sie sich hauptsächlich um den Hund gekümmert habe. Der Antragsgegner habe anlässlich der Trennung den Hund widerrechtlich an sich gebracht.

Die Antragstellerin verlangt daher die Zuweisung und Herausgabe von Babsi an sich.

Der Antragsgegner erklärt, die Antragstellerin habe anlässlich der Trennung den gesamten Hausrat mitgenommen. Nur der Hund sei absprachegemäß beim Antragsgegner verblieben. Der Hund sei gemeinsam angeschafft worden und der Antragsgegner habe sich überwiegend um ihn gekümmert.

Das Familiengericht hat einen Augenscheinsbeweis über die Beziehung des Hundes zu beiden Beteiligten erhoben und festgestellt, dass Babsi in der mündlichen Verhandlung rasch schwanzwedelnd auf die Antragstellerin zulief, von ihr dann hochgenommen wurde und auf ihrem Schoß blieb.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht die Malteserhündin der Antragstellerin zugewiesen und die Herausgabe derselben angeordnet. Dies wurde mit der Billigkeit der Zuweisung dieses „Haushaltsgegenstandes“ entsprechend § 1361a Abs. 2 BGB begründet. Der Antragsgegner habe den Kontakt der Antragstellerin zu Babsi mutwillig unterbunden und die Schwangerschaft der Hündin nicht zu verhindern gewusst. Dies spreche auch gegen seine Eignung als Hundehalter.

Dagegen richtet sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und behauptet, dass er zur Verhinderung der Trächtigkeit die Möglichkeit und Nachteile der „Pille danach“ für Babsi mit einem Tierarzt besprochen habe und die Antragstellerin sich demgegenüber für die Welpenaufzucht als nicht geeignet erwiesen habe.

Die rechtliche Würdigung:

Die Zuweisung der Malteserhündin Babsi an die Antragstellerin erfolgt nach § 1361a Abs. 2 BGB und entspricht, so das Oberlandesgericht Stuttgart, den Grundsätzen der Billigkeit.

Auf Tiere sind gemäß § 90a S. 3 BGB die für Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden. Somit richtet sich die Zuweisung eines Hundes nach den Regeln des § 1361a BGB über die Hausratsverteilung bei Getrenntleben. Haushaltsgegenstände sind alle Gegenstände, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Ehegatten für die Wohn- und Hauswirtschaft oder sonst für ihr Zusammenleben bestimmt sind, so dass für Haustiere eine sinngemäße Anwendung des § 1361a BGB angezeigt sein kann.

Je nach den Eigentumsverhältnissen richtet sich die Zuweisung Babsis nach § 1361a Abs. 1 BGB bzw. 1361 Abs. 2 BGB.

Kann keiner der Eheleute ein Alleineigentum an Babsi beweisen, so gilt die Hündin für die Hausratsverteilung als gemeinsames Eigentum der Ehegatten.

Hier kann nicht vom Alleineigentum der Antragstellerin an der Malteserhündin ausgegangen werden. Vielmehr konnte sie ihr Alleineigentum gerade nicht beweisen. Dazu würde nicht einmal ein durch die Antragstellerin erfolgter Abschluss des Kaufvertrages reichen und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der offensichtlich unstreitigen Tatsache, dass die Antragstellerin die Hundesteuer der Hündin trägt und sowohl deren Heimtier- als auch Impfausweis auf sie läuft. Hinsichtlich der Tierarztkosten hat die Antragstellerin diese offensichtlich in der Vergangenheit überwiegend getragen, jedoch die während des Besitzes des Antragsgegners aufgrund der ungewollten Schwangerschaft eingetretenen Tierarztforderungen hat offensichtlich der Antragsgegner beglichen.

Nach dem beiderseitigen Vortrag beruhte die Anschaffung der Hündin auf einer gemeinsamen Entscheidung, auch die Auswahl derselben und die Betreuung und Fürsorge für den Hund wurde während des Zusammenlebens von beiden übernommen. Dafür spricht auch, dass Babsi nach über einem Jahr „Kontaktsperre“ in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2014 die Antragstellerin offensichtlich sofort wieder als bekanntes „Frauchen“ identifizierte.

Eine Alleineigentümerstellung der Antragstellerin konnte somit nicht nachgewiesen werden, zumal für die Eigentumsverhältnisse die Vermutung gemäß § 1568b Abs. 2 BGB analog gilt, so dass die Zuweisung von Babsi allein auf § 1361a Abs. 2 BGB gestützt werden kann.

Maßgeblich für die Zuweisung der Hündin waren somit allein Grundsätze der Billigkeit, wobei gemäß § 1361a Abs. 4 BGB eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse oder Übereignung gerade nicht stattfindet.

Bei der Bewertung der Billigkeit war die neue Tatsache im Sinne des § 65 Abs. 3 FamFG, dass die Schwangerschaft für Babsi – abgesehen von der Totaloperation – folgenlos war, zu berücksichtigen und fiel damit im Gegensatz zur erstinstanzlichen Entscheidung nicht mehr zu Lasten des Antragsgegners ins Gewicht.

Demgegenüber wird die Billigkeitsprüfung dominiert von der Tatsache, dass der Antragstellerin der Antragstellerin den gemeinsamen Hund seit rund 1 1/2 Jahren vorenthalten hat und sie offensichtlich trotz Miteigentums über wesentliche, den Hund betreffende Dinge, wie die Schwangerschaft und deren Folgen nur über das Gerichtsverfahren informiert wird.

Für eine mangelnde „Bindungstoleranz“ des Antragsgegners spricht auch, dass er sich dem von der Familienrichterin nachvollziehbar vorgeschlagenen wöchentlichen Wechselmodell gegenüber und auch jeglichen Vorschlägen, die eine ausgewogene Teilhabe der Beteiligten am Hund beinhalten, verschließt. Soweit er sich mit der Beschwerdebegründung darauf beruft, dass er der Antragstellerin einen gemeinsamen Spaziergang mit der Hündin und mehrere gemeinsame Treffen in einem Cafe ermöglichte, so zeigt dies gerade, dass er offensichtlich unter keinen Umständen möchte, dass die Antragstellerin mit dem Hund auch Zeit alleine verbringt.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners dürfte sich es sich bei den Billigkeitserwägungen im Sinne des § 1361a Abs. 2 BGB auch weniger um solche handeln, die das Wohl des Hundes betreffen, als vielmehr um solche, die eine sinnvolle Teilhabe der getrenntlebenden Eheleute an den zur Disposition stehenden „Haushaltsgegenständen“ und damit auch Tieren ermöglichen. Dabei hat der Antragsgegner durch sein Verhalten in der Vergangenheit und das Vorenthalten der Hündin bei der Trennung jedoch gezeigt, dass er an einer ausgewogenen Teilhabe an dem im Miteigentum stehenden Hund unter Berücksichtigung der Bedürfnisse sowohl des Hundes als auch beider Eheleute nicht interessiert ist. Demgegenüber geht das Oberlandesgericht Stuttgart wie auch das Familiengericht davon aus, dass die Antragstellerin, der die gemeinsame Hündin mittlerweile rund 1 1/2 Jahre vorenthalten wurde, das Miteigentum ihres Ehemannes an Babsi respektieren wird.

Keine Zweifel bestehen daran, dass beide Eheleute durchaus geeignet sind, die Betreuung einer Malteserhündin zu übernehmen, der Antragsgegner aufgrund seiner bereits frühkindlichen Sozialisation mit Hunden und die Antragstellerin aufgrund entsprechender Literaturrecherche und Weiterbildung.

Aufgrund des nicht billigenswerten Verhaltens des Antragsgegners in der Vergangenheit entspricht jedoch nur eine Zuweisung der Hündin an die Antragstellerin den Grundsätzen der Billigkeit.

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluß vom 07.04.2014 – 18 UF 62/14