Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat entschieden, dass das Einfuhr- und Verbringungsverbot in § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG (Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz) sowohl mit Unionsrecht als auch (weiterhin) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Damit hatte der Antrag eines Klägers auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover keinen Erfolg, weil die von ihm angeführten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (dazu 1.), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (2.) sowie des Vorliegens eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (3.) nicht gegeben sind.
1. Die von dem Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind dann anzunehmen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist dann der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt wird.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Beklagten, ihm die Verbringung einer Hündin der Rasse Staffordshire-Bullterrier aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Bundesgebiet zur dauerhaften Haltung im Inland zu gestatten, hilfsweise auf Feststellung einer derartigen Berechtigung abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt, eine Anspruchsgrundlage für dieses Begehren sei mit Blick auf die Bestimmungen des Gesetzes zur Beschränkung des Verbringens oder der Einfuhr gefährlicher Hunde in das Inland – Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz (HundVErbrEinfG) – und der Verordnung über Ausnahmen zum Verbringungs- und Einfuhrverbot von gefährlichen Hunden in das Inland – Hundeverbringungs- und -einfuhrverordnung (HundVerbrEinfVO) – nicht ersichtlich. Dem stehe das ohne Ausnahme gesetzlich angeordnete Verbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG entgegen. Dieses gesetzliche Verbringungsverbot sei entgegen der Ansicht des Klägers weder verfassungswidrig noch verstoße es gegen europarechtliche Vorschriften. Ein Verstoß gegen Art. 2 der Richtlinie 91/174/EWG des Rates vom 25.03.1991 sei nicht gegeben, da diese Richtlinie zum einen lediglich die Zucht im Rahmen einer landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit betreffe, die hier nicht gegeben sei, und es zum anderen vorliegend nicht um Zuchtbeschränkungen im Rahmen des landwirtschaftlichen Wirtschaftsverkehrs, sondern um eine Beschränkung aus im weiteren Sinn polizeilichen Gründen gehe. Zudem fehle es schließlich an der nach Art. 6 dieser Richtlinie vorgesehenen Durchführungsvorschrift für Hunde. Genauso wenig liege ein Verstoß gegen Art. 34 AEUV vor, da das hier in Rede stehende Einfuhrverbot für Hunde der Rasse Staffordshire-Bullterrier nach Art. 36 AEUV aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt sei. Dass Normen des Grundgesetzes nicht verletzt seien, habe bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 16.03.2004 festgestellt. Etwas anderes folge nicht aus der vom Bundesverfassungsgericht statuierten Pflicht des Gesetzgebers, die weitere Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die der Norm zugrunde liegenden Annahmen sich tatsächlich bestätigten. Im Ergebnis sei weiterhin von einer abstrakten Gefährlichkeit der Hunderasse Staffordshire-Bullterrier auszugehen.
Die von dem Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrags vorgebrachten Darlegungen, die sich auf behauptete Verstöße des Importverbots des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG gegen europarechtliche Vorschriften (dazu a.) und auf die nunmehr gegebene Verfassungswidrigkeit dieser Norm (dazu b.) stützen, geben dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg keinen Anlass, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen.
a) Der Kläger beruft sich zu Unrecht auf die unionsrechtlichen Vorschriften des Art. 2 der Richtlinie 91/147/EWG und des Art. 34 AEUV.
Nach Art. 2 Satz 1 Spiegelstrich 1 RL 91/147/EWG tragen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union dafür Sorge, dass die Vermarktung reinrassiger Tiere aus züchterischen oder genealogischen Gründen weder untersagt noch eingeschränkt oder behindert wird. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der normative Regelungsbereich dieser Vorschrift vorliegend bereits deshalb nicht betroffen ist, weil es in der Richtlinie ausweislich seiner Präambel ausschließlich um die Aufzucht reinrassiger Tiere im Rahmen der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit geht.
Der Einwand des Klägers, es sei ungeachtet dieser Formulierung einzig auf den Wortlaut des Art. 2 dieser Richtlinie abzustellen, der die von dem Verwaltungsgericht genannte Beschränkung nicht beinhalte, überzeugt demgegenüber nicht. Ungeachtet der Frage, ob sich der Kläger als Einzelner entgegen dem in Art. 288 Abs. 3 AEUV normierten Grundsatz – dergestalt, dass Richtlinien sich in erster Linie (lediglich) an die Mitgliedstaaten richten, die zu ihrer Umsetzung in nationales Recht verpflichtet sind – mit Erfolg unmittelbar auf diese Richtlinie berufen kann, trifft bereits der Ausgangspunkt des Klägers nicht zu. Richtlinien sind Rechtshandlungen mit normativem Charakter und als Rechtsakte wie diese auszulegen. Dies hat nach allgemeinen Auslegungsmethoden zur Folge, dass es nicht entscheidend allein auf den Wortlaut, sondern insbesondere auf den Sinn und Zweck und die Entstehungsgeschichte der Norm ankommt. Hierbei ist wesentlich die Frage, welchen Regelungsgehalt der Normgeber der Norm beigegeben hat. In diesem Zusammenhang kommt der Präambel einer unionsrechtlichen Richtlinie eine wesentliche Bedeutung zu. Die einzelnen Vorschriften sind deshalb unter Berücksichtigung dieser Präambel auszulegen. Aus der Präambel der Richtlinie 91/174/EWG ergibt sich, dass deren Anwendungsbereich auf den innergemeinschaftlichen Handel im Rahmen der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit beschränkt ist. Dies wird nicht nur daran deutlich, dass in der Präambel der Richtlinie der Begriff der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit vorangestellt wird, sondern auch daran, dass die Zucht von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Pferden genannt wird, für die im Gemeinschaftsrahmen besondere Harmonisierungsvorschriften vorgesehen sind. Die Züchtung von Hunden gehört nicht zu diesem als offenbar abschließend gemeinten Kanon. Auch im traditionellen Verständnis sowohl des Unionsrechts als auch des innerstaatlichen deutschen Rechts handelt es sich bei der Züchtung von Hunden nicht um eine landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit. Hierunter wird das planmäßige Betreiben von Ackerbau und Viehhaltung zum Erzeugen von tierischen und pflanzlichen Produkten zum menschlichen Verzehr verstanden. Dass die Züchtung von Hunden mit einem solchen Ziel inzwischen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Rahmen einer landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit betrieben wird, hat weder der Kläger dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Die Verwendung von Hunden zu Jagd-, Hüte- und Wachzwecken unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der genannten Richtlinie.
Ein Verstoß gegen Art. 34 AEUV ist entgegen der Ansicht des Klägers im Ergebnis ebenfalls nicht gegeben. Hiernach sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verboten.
Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift ist vorliegend zwar – anders als im Rahmen der Richtlinie 91/174/EWG – eröffnet, da „Waren“ im Sinne dieser Norm alle Erzeugnisse körperlicher Art sind, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können. Hierzu gehören auch Waren nicht landwirtschaftlicher Art wie Hunde, da sie zum Inhalt eines Handelsgeschäftes gemacht werden können und der Kläger explizit eine Zucht von Staffordshire-Bullterriern zum Zweck (auch) des Gelderwerbs aufbauen will. Das Verbringungs- und Einfuhrverbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG stellt sich auch als Einfuhrbeschränkung dar. Da der Kläger eine Hündin dieser Hunderasse aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einführen will, liegt nicht lediglich ein ausschließlicher innerstaatlicher Sachverhalt vor, sondern es ist der unionsrechtliche Binnenmarkt betroffen. Die Norm des Art. 34 AEUV ist unmittelbar geltendes Recht, auf das sich jeder einzelne Unionsangehörige vor einem nationalen Gericht berufen kann.
Die Beschränkung des in Art. 34 AEUV geschützten freien Warenverkehrs durch das in § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG normierte Verbringungs- und Einfuhrverbot von Hunden der Rasse Staffordshire-Bullterrier ist aber durch Art. 36 AEUV gedeckt. Dies hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen zutreffend ausgeführt, sodass das Oberverwaltungsgericht Lüneburg sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu Eigen gemacht hat (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die Einwände des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages rechtfertigen nicht die Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Art. 36 AEUV ermöglicht die Rechtfertigung verbotener Maßnahmen nach Art. 34 AEUV, wobei zu beachten ist, dass nationale Vorschriften nur zulässig sind, solange und soweit die Union den betreffenden Sachbereich nicht durch Sekundärrecht abschließend geregelt hat. Letzteres ist hier nicht der Fall. Daher kommen vorliegend als Rechtfertigungsgründe des Art. 36 Satz 1 AEUV die dort ausdrücklich benannten Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen in Betracht.
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs fehlt zwar eine abschließende unionsrechtliche Definition des Begriffs der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit. Dieses Begriffspaar wird aber einschränkend dahingehend ausgelegt, dass hierunter nur Bereiche subsumiert werden können, die herkömmlich als wesentliches Interesse des Staates oder als wesentlich für die Existenz eines Staates bezeichnet werden können. Insoweit mag die Kritik des Klägers an der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das diesen Rechtfertigungsgrund als gegeben angesehen hat, nachvollziehbar sein. Denn es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, inwieweit die Einfuhr von Hunden der hier in Rede stehenden Rasse ein wesentliches Interesse des Staates berühren oder gar wesentlich für die Existenz des Staates sein könnte.
Bei seiner Argumentation verkennt der Kläger aber, dass das Verwaltungsgericht darüber hinaus selbständig tragend den Rechtfertigungsgrund des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen für einschlägig gehalten hat. Hierzu verhält sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht, sodass er insoweit dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt. Ungeachtet dessen ist es angesichts des Fehlens einer unionsrechtlichen Definition dieses Rechtfertigungsmerkmals nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zunächst Sache der Mitgliedstaaten, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, in welchem Umfang sie entsprechenden Schutz gewähren. Erforderlich ist indes, das Bestehen einer Gesundheitsgefahr objektiv zu untermauern. Dieser Gefahrennachweis kann durch Bezugnahme auf wissenschaftliche Erkenntnisse oder auf europäische oder internationale Schutzstandards geführt werden. Diesen Nachweis hat der Bundesgesetzgeber hinlänglich geführt, wie sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 16.03.2004 ergibt. Sowohl nach nationalem Recht als auch nach Unionsrecht ist es gerade vorrangig Aufgabe des nationalen Gesetzgebers, im Hinblick auf den jeweiligen Lebensbereich darüber zu entscheiden, ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche Weise Situationen entgegengewirkt werden soll, die nach seiner Einschätzung zu Schäden führen können.
Das Verbringungs- und Einfuhrverbot für Hunde der Rasse Staffordshire-Bullterrier ist auch nach unionsrechtlichen Grundsätzen verhältnismäßig. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch für Maßnahmen nach Art. 36 AEUV, wie sich aus dem Begriff „gerechtfertigt“ des Art. 36 Satz 1 AEUV und aus dem Verbot willkürlicher Diskriminierungen und verschleierter Beschränkungen des Handels in Satz 2 dieser Norm schließen lässt. Die Einwände des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages greifen nicht durch.
Das Importverbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG ist geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu erreichen. Bei der Eignung kommt es darauf an, ob die Maßnahme unter Kausalitäts- und Wahrscheinlichkeitsaspekten den Geschehensablauf in die von dem Mitgliedstaat der Europäischen Union beabsichtigte Richtung lenken kann. In diesem Sinn sind nationale Maßnahmen selten ungeeignet, weil sie in der Regel zumindest möglicherweise zur Zielerreichung taugen. Hierbei gewährt der Europäische Gerichtshof den Mitgliedstaaten einen gewissen Prognosespielraum. Daher ist die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, das Einfuhr- und Verbringungsverbot diene der flankierenden Durchsetzung und Umsetzung des in einigen Bundesländern bestehenden Verbots des Haltens und Züchtens von Hunden der Rasse Staffordshire-Bullterrier, nicht von der Hand zu weisen. Dass etwa ein belgischer oder britischer Züchter nach § 2 Abs. 3 HundVerbrEinfVO mit einem Deckrüden dieser Hunderasse legal vorübergehend in das Bundesgebiet einreisen kann und während dieses Aufenthalts eine in Niedersachsen ansässige Hündin belegen lassen kann und dass es einem in Niedersachsen ansässigen Züchter nicht verwehrt ist, etwa in Hessen und Baden-Württemberg einen Hund dieser Rasse zu erwerben und diesen in Niedersachsen zu Zuchtzwecken zu halten, rechtfertigt eine andere Sichtweise nicht. Denn das gesetzgeberische Ziel, die Zahl dieser Hunde im Bundesgebiet zu reduzieren und so die landesrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen zu ergänzen, kann hierdurch sehr wohl erreicht werden. Dies reicht nach dem oben Gesagten auch nach unionsrechtlichen Grundsätzen aus.
b) Das in § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG statuierte Verbringungs- und Einfuhrverbot für Hunde der Rasse Staffordshire-Bullterrier ist entgegen der Ansicht des Klägers auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfassungsgemäß.
Die Verfassungsmäßigkeit des hier in Rede stehenden Verbringungs- und Einfuhrverbots hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16.03.2004 festgestellt. Dies stellt der Kläger nicht in Abrede. Soweit er indes bemängelt, dass der Gesetzgeber seiner ihm auferlegten Beobachtungs- und Prüfungspflicht nicht hinreichend nachkomme, dringt er nicht durch. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber in der genannten Entscheidung zwar aufgegeben, die weitere Entwicklung zu beobachten, hierbei insbesondere die unterschiedliche Behandlung der Hunderassen in den Blick zu nehmen, und gegebenenfalls nachzubessern. Das Verwaltungsgericht ist aber zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Nachbesserungspflicht nicht verletzt ist. Denn es stehe nicht evident fest, dass die ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich untragbar geworden sei. Eine derart grundlegende Änderung der Beurteilung des Gefahrenpotenzials von Hunden der Rasse Stoffordshire-Bullterrier sei weder ersichtlich noch von dem Kläger substantiiert vorgetragen worden. Diese Argumentation des Verwaltungsgerichts wird durch die Darlegungen des Klägers in der Begründung seines Zulassungsantrages nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Soweit der Kläger rügt, der Gesetzgeber habe seine ihn aktiv treffende Evaluierungspflicht dadurch verletzt, dass er im Nachgang zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2004 keine belastbaren Daten erhoben und deshalb gegen seine Beobachtungspflicht verstoßen habe, greift er zu kurz. Der Gesetzgeber muss einen möglichen Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft lediglich registrieren und bewerten, nicht dagegen selbst herbeiführen. Daher ist er von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, die Einstufung von bestimmten Hunderassen als abstrakt gefährlich stets aufs Neue durch entsprechendes Erfahrungsmaterial, insbesondere durch aktuelle Erkenntnisse über die Häufigkeit konkreter Vorfälle bei den verschiedenen Hunderassen abzusichern.
Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht darüber hinaus ausgeführt, dass sich aus der ihm anlässlich eines anderen Klageverfahrens übersandten Umfrage des Bundesministeriums des Innern vom 26.02.2007 ergebe, dass die Bundesregierung den Entwicklungen nachgehe und mithin ihrer Beobachtungspflicht nachkomme. Hierzu verhält sich der Kläger in der Begründung seines Zulassungsantrages ebenfalls nicht.
2. Die Grundsatzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) des Klägers greift nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg ebenfalls nicht durch.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sich darin eine entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung stellt, die bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärt ist und daher im Interesse der Einheit, der Fortbildung oder der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Rechts der Klärung durch das Rechtsmittelgericht bedarf. Dementsprechend verlangt das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, inwieweit ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.
Nach dem oben Gesagten sind diese Voraussetzungen weder für die von dem Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob das absolute Verbringungs- und Einfuhrverbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG eine verbotene bzw. diskriminierende Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne der Art. 34, 36 Satz 2 AEUV darstellt,
noch für die weitere Frage,
ob die staatliche Missachtung bzw. Verletzung der höchstrichterlich statuierten Beobachtungspflicht jedenfalls dann zur Unwirksamkeit der Norm – hier des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG – führt, wenn bewusst keine neuen Erkenntnisse ermittelt werden,
erfüllt. Diese Fragen sind unter Berücksichtigung der Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu verneinen bzw. zu beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Eine staatliche Missachtung bzw. Verletzung der höchstrichterlich statuierten Beobachtungspflicht hat das Verwaltungsgericht im Übrigen nicht seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Schließlich führt auch die Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) des Klägers nicht zu einem Erfolg des Zulassungsantrages.
Das Vorliegen eines entscheidungserheblichen Verfahrensfehlers sieht der Kläger darin begründet, dass das Verwaltungsgericht die von ihm gestellten Beweisanträge zu Unrecht abgelehnt und infolgedessen den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt, sein Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt und gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO verstoßen habe. Hiermit dringt er nicht durch. Die Ablehnung der Beweisanträge des Klägers beruht auf einer ausreichenden Grundlage.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Beweisantrag des Klägers zu der Frage, ob ein im Ausland gezüchteter oder gehaltener Hund der hier fraglichen Rasse nicht gefährlicher, sondern genauso gefährlich oder ungefährlich wie ein im Bundesgebiet gezüchteter oder gehaltener Hund dieser Rasse sei, zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als nicht erheblich abgelehnt. Die angegriffene Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 HundVerbrEinfG soll hiernach sicherstellen, dass die von den Bundesländern im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz geschaffenen Bestimmungen durch die Einfuhr und das Verbringen von gefährlichen Hunden bestimmter Rassen aus anderen Staaten in das Inland nicht unterlaufen werden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften anführt, ist ihm nach dem oben Gesagten nicht zu folgen.
Den Beweisantrag des Klägers zu der Frage, ob ein Hund der Rasse Staffordshire-Bullterrier nicht gefährlicher sei bzw. von ihm kein höheres Gefährdungs- oder Aggressionspotential ausgehe als von Hunden der Rassen Deutscher Schäferhund, Dobermann, Weimaraner, Dogo Argentino, Bullmastiff oder Rottweiler, hat das Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei als zu unsubstantiiert abgelehnt. Die von dem Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Erkenntnisse der Gutachterin Dr. B. waren bereits Gegenstand der Erörterungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 16.03.2004. Die Ausführungen dieser Gutachterin, aber auch der Umstand, dass die Rasse Staffordshire-Bullterrier (jedenfalls nach Angaben des Klägers) gar nicht Gegenstand des sogenannten Qualzuchtgutachtens gewesen sei, streiten nicht für den Kläger. Das Bundesverfassungsgericht hat seinerzeit darauf hingewiesen, dass nach den Erkenntnissen der Fachwissenschaft nicht generell ausgeschlossen werden könne, dass die Gefährlichkeit von Hunden auch genetische Ursachen haben könne, und hierzu auch die hier in Rede stehende Rasse gehöre. Diese Erkenntnisse gelten mangels entgegenstehender substantiierter Aussagen sachkundiger Stellen weiter.
Den Beweisantrag des Klägers zu der Frage, ob ein Hund der Rasse Staffordshire Bullterrier grundsätzlich auch zu Jagd-, Hüte- und Wachzwecken eingesetzt werden könne, hat das Verwaltungsgericht schließlich zu Recht als unerheblich abgelehnt. Dass der Kläger nach seinen Angaben in der Begründung seines Zulassungsantrages mit diesem Beweisantrag nicht die (Un-)Gefährlichkeit dieser Rasse unter Beweis stellen wollte, sondern diesen Antrag deshalb gestellt hat, um eine etwaige landwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit dieser Hunderasse zu belegen und damit den Anwendungsbereich der Richtlinie 91/174/EWG zu eröffnen, rechtfertigt ein anderes Ergebnis nicht. Denn nach dem oben Gesagten stellt die Verwendung der Hunde zu den genannten Zwecken keine landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Richtlinie dar.
OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.02.2014 – 11 LA 180/13