Wir hatten hier (“Zoll- Das böse Erwachen am Ende der Heimreise“) bereits über die zollrechtliche Problematik der Einfuhr von Waren berichtet.
Nun hat sich der Bundesfinanzhof erneut in einer aktuellen Entscheidung mit der Thematik des Nachweises der Rückwareneigenschaft bzw. des zollrechtlichen Status “Gemeinschaftsware” beschäftigt.
In dem entschiedenen Fall flog die Klägerin am 12.11.2007 von Kanada nach A (Deutschland) und benutzte am Flughafen den grünen Ausgang für anmeldefreie Waren. Im Rahmen einer Kontrolle fanden die Zollbeamten in dem mitgeführten Instrumentenkoffer ein in Italien hergestelltes Musikinstrument sowie – neben weiteren Unterlagen – eine von der Firma X-Inc. (USA) hierfür ausgestellte Rechnung vom 22.11.2000 über x US-Dollar, die an die Eheleute Y in Kalifornien adressiert war. Das beklagte Hauptzollamt verneinte daraufhin die Voraussetzungen einer Rückware und setzte Einfuhrumsatzsteuer fest.
Sowohl das Einspruchsverfahren als auch das Klageverfahren blieben erfolglos.
Das Finanzgericht urteilte, dass nach § 21 Abs. 2 UStG i.V.m. Art. 202 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a und Abs. 2 ZK (Zollkodex) Einfuhrumsatzsteuer entstanden sei. Die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass das Musikinstrument, nachdem es vor dem Erwerb durch die Klägerin unstreitig in die USA verbracht worden sei, wieder den Status einer “Gemeinschaftsware” erlangt habe und dadurch bei der Einreise am 12.11.2007 als Rückware i.S. des Art. 185 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK in Betracht komme. Insbesondere fehle ein Beleg über die zollrechtliche Abfertigung bei der Wiedereinfuhr in das Unionsgebiet. Darüber hinaus könne sich die Klägerin weder durch den Hinweis auf einen Kauf innerhalb des Unionsgebiets noch durch den Hinweis auf die Dauer ihres Besitzes an dem Musikinstrument auf Vertrauensschutz berufen. Dabei sei zu beachten, dass die Vorlage einer Rechnung über den Erwerb der Ware innerhalb des Unionsgebiets nur bei einem Erwerb von einem gewerblichen Händler, nicht aber bei einem Erwerb von einer Privatperson zum Nachweis des Rückwarencharakters ausreiche. Im Übrigen könne auch eine etwaige Verjährung der bei der ursprünglichen Wiedereinfuhr entstandenen Einfuhrumsatzsteuerschuld nicht zu einem Statuswechsel von einer “Nichtgemeinschaftsware” zu einer “Gemeinschaftsware” führen.
Hiergegen legte die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde ein und berief sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
Sie argumentierte wie folgt:
Der Bundesfinanzhof habe bisher nicht entschieden, ob – wie vom Finanzgericht angenommen und wegen des steigenden Reiseverkehrs sowie einiger vergleichbarer Fälle von allgemeiner Bedeutung – bei der Prüfung des Status “Gemeinschaftsware” bzw. bei der Prüfung der Rückwareneigenschaft an die Darlegungs- und Beweislast des Einführenden höhere Anforderungen zu stellen seien, wenn dieser die Ware innerhalb der Union nicht von einem gewerblichen Händler, sondern von einer Privatperson erworben habe. Vielmehr müsse auch bei einem Erwerb von einer Privatperson die Vorlage eines Belegs ausreichen, dass der Erwerb innerhalb des Unionsgebiets stattgefunden habe. Der Einführende müsse in einem solchen Fall nicht davon ausgehen, dass die Privatperson die Ware bei einer vorhergehenden Einfuhr nicht ordnungsgemäß der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen habe, und brauche sich deshalb auch keinen Beleg über den Status der Ware als Gemeinschaftsware geben zu lassen.
Diese Fragen seien im Streitfall entscheidungserheblich, da sie, die Klägerin, lediglich den Nachweis über ihren eigenen Erwerb des Musikinstruments innerhalb des Unionsgebiets, nicht aber über die ordnungsgemäße Abführung der Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen der vorangegangenen Wiedereinfuhr des Musikinstruments durch ihren Verkäufer habe führen können. Dies sei im Fall von Veräußerungsketten niemals möglich. Im Streitfall sei der Versuch, entsprechende Unterlagen von den britischen Zollbehörden zu erlangen, an den dortigen Aufbewahrungsfristen gescheitert. Von ihrem Verkäufer habe sie diese Bescheinigungen ebenfalls nicht erlangen können.
Im Übrigen habe das Hauptzollamt selbst Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen müssen, dies aber trotz entsprechender Anregungen unterlassen. Außerdem habe das Finanzgericht festgestellt, dass der Verkäufer das Musikinstrument in London von der X-Inc. erworben habe, d.h. von einem gewerblichen Händler. Insofern dürfte auch nach Auffassung des Finanzgerichts der Nachweis über einen Erwerb innerhalb des Unionsgebiets ausreichen.
Der Bundesfinanzhof folgte dieser Argumentation nicht und hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerin geht selbst (zutreffend) davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Rückware i.S. des Art. 185 ZK (einschließlich des Status einer “Gemeinschaftsware” zum Zeitpunkt der Ausfuhr) grundsätzlich vom Einführer darzulegen und nachzuweisen sind. Insofern besteht kein Klärungsbedarf.
Darüber hinaus ist – so der Bundesfinanzhof – geklärt, dass das vorschriftswidrige Verbringen i.S. des Art. 202 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a und Abs. 2 ZK als eine reine Tathandlung zu verstehen ist. Auf die Vorstellungen oder ein Verschulden des Handelnden kommt es nicht an. Auch die Einfuhrabgabenbefreiung für Rückwaren nach Art. 185 ZK richtet sich allein nach den objektiven Umständen. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, den das Finanzgericht unter Hinweis auf einen Erwerb im Unionsgebiet bzw. auf die Dauer des Besitzes an dem Musikinstrument geprüft hat, war deshalb von vornherein nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen. Da nach Auffassung des Finanzgerichts ein schützenswertes Vertrauen der Klägerin letztlich nicht anzuerkennen war, ist seine Entscheidung allerdings insoweit im Ergebnis richtig.
Soweit die Beschwerde für klärungsbedürftig hält, “welche Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast gestellt werden” bzw. “welchen Umfang die Darlegungs- und Beweislast hat”, will sie, so der Bundesfinanzhof, die Fragen beantwortet wissen, unter welchen Voraussetzungen Zweifel berechtigt sind, ob eine als angebliche Rückware in das Zollgebiet der Union verbrachte Ware die Voraussetzung des vormaligen Status einer Gemeinschaftsware (Art. 185 Abs. 1 ZK) erfüllt, und unter welchen Voraussetzungen derartige Zweifel als ausgeräumt angesehen werden können. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen, sondern um Fragen des Einzelfalls, die der Tatrichter anhand einer Würdigung der festgestellten Tatsachen zu beantworten hat.
Im Streitfall hat das Finanzgericht festgestellt, dass das Musikinstrument zu einem Zeitpunkt vor dem Kauf durch die Klägerin mit dem Verlassen des Zollgebiets der Union den Status als Gemeinschaftsware verloren hatte. Es hat jedoch aus den die Folgezeit betreffenden festgestellten Tatsachen nicht zu schließen vermocht, das Musikinstrument habe nach seinem Zurückverbringen in das Zollgebiet der Union wieder den Status einer Gemeinschaftsware erworben. Klärungsbedürftige Rechtsfragen ergeben sich insoweit nicht.
Das gilt auch, soweit das Finanzgericht gemeint hat, nur beim Erwerb einer Ware von einem gewerblichen Unternehmer könne davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Gemeinschaftsware handele. Insoweit hat das Finanzgericht keine Beweisregel aufgestellt, sondern hat dies bei der Prüfung eines evtl. zu gewährenden Vertrauensschutzes erwogen, auf den es nicht ankommt. Die Beantwortung der Frage, ob eine Ware den Status einer Gemeinschaftsware hat oder diesen zuvor schon einmal hatte, hängt nicht von den subjektiven Vorstellungen der Beteiligten ab.
Weitere Zulassungsgründe sind nicht dargelegt. Insbesondere rügt die Beschwerde keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichts, wenn sie die Auffassung vertritt, das Hauptzollamt sei von Amts wegen verpflichtet gewesen, die Klägerin bei der Erfüllung ihrer Nachweispflicht “zu unterstützen und hierzu auch Auskünfte einzuholen”.
Im Übrigen läge nach Auffassung des Bundesfinanzhofs im Streitfall kein Verstoß des Finanzgerichts gegen die Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem Finanzgericht ausreichend konkrete Angaben für eine sinnvolle Nachfrage bei den britischen Zollbehörden zur Verfügung standen. Eine solche Nachfrage erübrigte sich bereits deshalb, weil die Klägerin selbst davon ausgeht, dass die britischen Zollbehörden etwaige zollrechtliche Belege über die vorhergehende Einfuhr des Musikinstruments in das Unionsgebiet durch die Eheleute Y wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfristen nicht mehr zur Verfügung stellen können. Auch von den Eheleuten Y waren diese Belege nach dem Vortrag der Klägerin nicht zu erlangen. Weitere Beweismittel hat die Klägerin weder angeboten noch mussten sie sich dem Finanzgericht von Amts wegen aufdrängen. Insbesondere hätte die Klägerin die im Ausland ansässigen Eheleute Y für eine etwaige Vernehmung als Zeugen in der mündlichen Verhandlung stellen müssen.
Mit dem Hinweis, das Finanzgericht hätte auch nach den von ihm aufgestellten Grundsätzen zu einer Stattgabe der Klage kommen müssen, da es von einem Verkauf des Musikinstruments durch einen gewerblichen Händler in London ausgehe, wendet sich die Klägerin letztlich gegen die materielle Richtigkeit der Entscheidung des Finanzgerichts. Dies stellt keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dar. Im Übrigen lässt sich dem Urteil des Finanzgerichts keine entsprechende Sachverhaltsfeststellung entnehmen. Vielmehr stellt das Finanzgericht lediglich die Ausführungen der Klägerin im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung dar.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.04.2014 – VII B 213/12