Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer

24103, Kiel
Rechtsgebiete
Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht und Medienrecht Wettbewerbsrecht
20.11.2012

SEO-Vertragsrecht: Wann liegt Schlechtleistung beim Backlink-Building vor?

LG Amberg, Urteil vom 22.08.2012, Az.:  14 O 417/12

Ein neues Urteil zu Verträgen über SEO-Leistungen (hier Backlink-Aufbau) behandelt die Fragen, welche Ansprüche der Auftraggeber bei nicht autorisierten Blog-Kommentaren hat und wann der Auftrag als erfüllt anzusehen ist. Dabei ging es maßgeblich um die Frage, ob die Platzierung von Links auf nicht themenrelevanten Seiten als Mangel anzusehen ist.

Sachverhalt

Das klagende Unternehmen beauftragte für seine Website den SEO-Dienstleister mit der Erstellung von monatlich 228 Backlinks über einen Zeitraum von 3 Monaten zu je 177 €/Monat zur Verbesserung des Suchmaschinenrankings.

Laut Leistungsbeschreibung war auch das Platzieren von Blog-Kommentaren zur Backlink-Generierung möglich. Die vom SEO-Dienstleister gemachten Kommentare stammten (natürlich) jedoch nicht vom Auftraggeber selbst, sondern waren frei erfunden.

Nach Ablauf der Vertragslaufzeit stellte das klagende Unternehmen fest, dass nur etwa die Hälfte der Links gesetzt waren.
Der Auftragnehmer holte es daraufhin nach, die ausstehenden Links zu setzen.

Weiter bemängelte der Auftraggeber, dass die Links nicht auf für seine Branche themenrelevanten Seiten untergebracht wurden.
Daher verlangte er, die komplette Löschung sämtlicher Backlinks zu veranlassen.


Außerdem forderte er die Rückzahlung der für die 3 Monate gezahlten 531 €.


Entscheidung des Gerichts


Das Gericht entschied, dass nicht alle Backlinks zu entfernen wären, sondern nur die freierfundenen Kommentare in Blogs. Der Werklohnanspruch aber stehe dem SEO-Dienstleister voll zu.



Wann müssen Blog-Kommentare gelöscht werden?

Das Gericht erkannte in den Blog-Kommentaren eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Auftraggebers. Diesesschütze nicht nur davor, dass das gesprochene (hier geschriebene) Wort nicht weiter getragen werden dürfe, sondern auch davor,dass nicht geätigte Äußerungen einer Person zugeschrieben werden.

Da der SEO-Dienstleister jedoch im Namen seines Auftraggebers frei erfundene Kommentare einstellte, u.a. über einen Ferienhausaufenthalt in Dänemark, der keinerlei realen Bezug zum Auftraggeber hatte, sah das Gericht eine Rechtsverletzung.

Aus dem Umstand, dass Blog-Kommentare ausdrücklich Vertragsbestandteil waren, ergab sich für die Richter nichts Gegenteiliges.

Eine Einwilligung des Auftraggebers stelle diese  nicht da, denn die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme begründe jedenfalls keineausdrückliche Genehmigung.



Wann ist der Lohn für die bisherige Zahlung zurückzuzahlen?

Das Gericht ordnete die Leistung des Back-Link-Aufbau nicht als mangelhaft ein.

Zunächst war darüber zu befinden, ob sich der Vertrag als Dienst- oder Werkvertrag darstellte, denn ein Sachmängelgewährleistungsrecht kennt nur das Werkvertragsrecht. Beim Dienstvertrag dagegen begründet auch eine Schlechtleistung kein Recht auf Rückzahlung (wohl aber im Falle der Nichtleistung).

Der Unterschied besteht darin, ob laut Vertrag ein bestimmter Erfolg geschuldet ist. Dies konnte das Gericht hier deutlich bejahen, da das konkrete Ergebnis von insgesamt 684 Backlinks geschuldet war.

Damit kam es zu der nächsten Frage, ob ein Mangel darin lag, dass die Links nicht auf themenrelevanten, sondern beliebigen Seiten gesetzt wurden.

Dazu führt die Entscheidung aus:

"Das Platzieren der Backlinks auf sog. "Good Neighbourhood"- Websites durch die Beklagte ist gern. § 633 II Nr. 2 BGB geeignet, die Internetpräsenz des Klägers zu verbessern, wobei eine tatsächliche Optimierung ausdrücklich nicht geschuldet
ist. Zwar ist die Beklagte ein Unternehmen, das u.a. der Optimierung des Webauftritts dient, dennoch ist lediglich eine für die Optimierung geeignete Auswahl der Websites geschuldet, wie sie von der Beklagten vorgenommen wurde. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Leistung der Beklagten damit nicht völlig wertlos. Nicht entscheidend ist das Platzieren auf rein einschlägigen, nicht themenfremden, Websites, wie es vom Kläger gefordert wird. Eine, solche Leistung hätte explizit
vereinbart werden müssen." 

Solange also nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart ist, dass die Links ausschließlich auf themenrelevanten Seiten erfolgen

müssen, reicht es für den SEO-Dienstleister aus, wenn er Seiten wählt, die geeignet ist, die Suchmaschinenauffindbarkeit für den Auftraggeber zu steigern.

Zu guter Letzt hielten die Richter es für unschädlich, dass die Hälfte der Links erst nach Ablauf der Vertragslaufzeit angebracht wurden, denn die Laufzeit hätte in erster Linie nur den Zeitpunkt für die Zahlungen und die Möglichkeit, Mängel zu rügen, markiert, sei aber nicht im Sinne eines Fixgeschäftes dahin zu verstehen, dass im Anschluss keine Leistungen mehr erbracht werden dürften.