Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer

24103, Kiel
Rechtsgebiete
Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht und Medienrecht Wettbewerbsrecht
18.09.2012

Haftung des Händlers für Herstellerfehler?

Ein aktuelles Urteil des LG Hagen stellt Händler von der Haftung für Produktfehler frei

LG Hagen, Urteil vom 24.08.2012, Az.: 2 O 61/12                 

Der Kläger hatte für seinen Audi A 6 beim beklagten Händler einen Zahnriemensatz samt Zubehör inklusive mehrere Bolzen bestellt und geliefert bekommen.

Der Händler hatte die Ware in ungeöffneter Originalverpackung an den Kläger weitergeleitet. Nach Einbau des Zahnriemensatzes kam es zu einem schweren Motorschaden. Als Ursache wurde ein fehlerhafter Bolzen ausgemacht, der anstatt eines zentrischen einen exzentrischen Innensechskant hatte.

Der Kläger verlangte vor dem Landgericht Ersatz für den entstandenen Schaden i.H.v.  ca. 5000 €.

Das Gericht erkannte zwar an, dass die Lieferung eines mangelhaften Bolzens eine objektive Pflichtverletzung des Kaufvertrages darstelle. Die für einen Schadensersatzanspruch weiter erforderliche Voraussetzung eines Verschuldens des Händlers konnte es allerdings nicht feststellen.

„Der Beklagte hat die gelieferte Schraube nicht selbst hergestellt, sondern den Zahnriemensatz, der die Schraube enthielt und der ihm von seiner Lieferantin original verpackt angeliefert worden war, unverändert an den Kläger weitergeliefert“, so das Gericht.

Da der Fehler nur im Produktionsprozess aufgetreten sein könne, an dem der Händler jedoch nicht beteiligt gewesen sei, treffe ihn auch keine Verantwortung.

Dem Händler sei auch nicht der Vorwurf mangelnder Überprüfung der Ware vor deren Weiterverkauf zu machen.

Unterstellt, er hätte die Originalverpackung geöffnet, um die Bolzen zu untersuchen, wäre ihm die Fehlerhaftigkeit mit bloßem Auge nicht aufgefallen. Denn selbst der im Verfahren zugezogene Sachverständige hatte bei Sichtung der Schraube den Fehler nicht erkannt, dieser war erst in einem Labor zur Materialprüfung aufgefallen.

Die Untersuchungspflichten eines einfachen Händlers dürften auch nicht überspannt werden. Es könne im Hinblick auf den Preis und der Vielzahl der angebotenen Waren nicht von einem Händler eine umfassende Materialprüfung verlangt werden.

Etwas anderes können nur gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit der Ware ersichtlich gewesen wären.

Der Händler muss sich aber auch nicht das Verschulden des Herstellers gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.  Nach dieser Vorschrift haftet der Geschäftsherr für das Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen. Der Hersteller ist aber nicht Gehilfe des Händlers bei der Erfüllung des Kaufvertrages. Denn dieser beinhaltet nur die Pflicht, dem Käufer Eigentum an der Sache zu verschaffen, nicht dagegen die Herstellung.