Rechtsanwalt Ingo Driftmeyer

24103, Kiel
Rechtsgebiete
Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht und Medienrecht Wettbewerbsrecht
14.09.2012

BGH: Aus für Abzocke mit Branchenbucheinträgen im Internet?



  • BGH, Urteil vom 26.07.2012 - VII ZR 262/11

    Viele Gewerbetreibende haben schon leidvolle Erfahrungen mit einer ganz bestimmten Geschäftsmasche von „Branchenverzeichnissen“ gemacht.

    Sie erhalten per Post ein Formular mit dem Angebot, einen Eintrag in ein Internet-Branchenbuch zu erhalten. Teilweise sind diese Formulare so aufgemacht, dass sie den Eindruck eines behördlichen Schreibens vermitteln, teils wird vorgetäuscht, es handele sich um eine Abfrage, ob die Unternehmens- und Adressdaten noch aktuell seien.

    Erst im Kleingedruckten findet sich der Hinweis, dass es sich um eine kostenpflichtige Dienstleistung handelt, die leicht mehr als 600 € pro Jahr kosten soll bei zweijähriger Vertragslaufzeit.

    Der BGH setzte dem nun unlängst einen Riegel vor.

    Was war passiert?

    Der später Beklagte hatte vom Betreiber des Online-Branchenbuches ein Formular erhalten, das mit „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ überschrieben war.

    Auf der linken Seite des Formulars wurde er aufgefordert, seine Unternehmensdaten (Firma, Straße, Postleitzahl, Ort, Geschäftsführer, Branche, Telefon/Fax) „ggf. zu streichen/ zu korrigieren“.

    Die Unterschriftzeile war mit einem fettgedruckten X gekennzeichnet.

    Darunter war in vergrößerter Schrift die Faxnummer für die Rückantwort abgedruckt.

    Auf der rechten Seite des Formulars dagegen befand sich in einem umrahmten Kasten mit der Überschrift „Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)“ in einem mehrere Absätze umfassenden Text der Hinweis auf die Kosten von 650 € netto im Jahr, ohne Hervorhebung versteht sich. Dagegen war der „Hinweis zum Datenschutz“ innerhalb des Textes fettgedruckt.

    Entscheidung des BGH


    Der BGH lehnte wie die Vorinstanzen eine Zahlungspflicht des unfreiwilligen Kunden ab.

    Er habe mit einer Klausel, die das Angebot zahlungspflichtig machen sollte, nicht zu rechnen brauchen. Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden solche Klauseln nicht Vertragsbestandteil, mit denen der Vertragspartner, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbildes des Vertrages nicht rechnen braucht.

    Dabei kommt es auf die Perspektive eines durchschnittlichen Kunden an.

    „Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht.

    Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an  Auch der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel und ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen.“

    Da aber Einträge in Internetverzeichnisse bekanntermaßen häufig unentgeltlich erfolgen, musste der Kundenkreis nicht die Erwartung haben, dass es sich hier um eine kostenpflichtige Leistung handeln sollte.

    Es wäre Sache des Anbieters gewesen, diese Erwartung zu korrigieren. Dazu reichten aber die Hinweise im Kasten auf der rechten Formularseite nicht aus. Der Kasten trete drucktechnisch so in den Hintergrund, dass das Augenmerk allein auf die vom Kunden auszufüllende linke  Seite gelenkt sei. Dies gelte erst Recht für die Zahlungshinweise, die im Fließtext untergingen. Von einem durchschnittlich sorgfältigen Kaufmann sei daher nicht zu erwarten gewesen, dass er die Entgeltlichkeit des Angebotes erkenne.

    Als Rechtsfolge ergibt sich also, dass die Klausel unwirksam und der Eintrag ins Branchenverzeichnis kostenlos ist.

    Fazit:

    Auf Grund der nun höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Problemkreis Abzocke mit Branchenbucheinträgen lohnt es sich, genau zu prüfen, ob ein eine Zahlung zur Vermeidung eines Rechtsstreits der kostengünstigste Weg ist.

    Die Beauftragung eines Anwaltes kann hier viel Geld sparen.