Im vorliegenden Sachverhalt hatte ein Lebensmittelunternehmer einen in Deutschland und in den Niederlanden hergestellten Käse aus Kuhmilch als Erzincan Kasari beziehungsweise als Erzincan Peyniri gekennzeichnet und verkauft. Dabei handelt es sich bei dem Namen Erzincan um eine im Nordosten der Türkei gelegene Stadt. Erzincan ist in der Türkei für ihren hochwertigen Erzincan Tulum Peyniri weithin bekannt. Hergestellt wird dieser Käse aus Schafsmilch und Schafslake, so dass sich hieraus der bekannte Gelbkäse entwickelt. Der hier, vornehmlich an türkisch-stämmige Kunden vertriebene Käse enthält nicht nur die Bezeichnung Erzincan Kasari, sondern ist auch mit dem Zusatz „nach türkischer Art“ gekennzeichnet. Auf der Produktverpackung ist eine grasende Kuh zu sehen.
Generell sieht das Oberlandesgericht Karlsruhe einen irreführenden und unzulässigen Gebrauch einer geografischen Herkunftsangabe bei der Produktbezeichnung und bezieht sich auf die §§ 126 ff des Markengesetzes. Gemäß § 126 Abs. 1 Markengesetz sind geographische Herkunftsangaben im Sinne des Gesetzes Namen von Orten, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden. Daraus folgt, dass der Verbraucher bei einer Produktbezeichnung davon ausgehen muss, dass die angebotene Ware mit einer eindeutigen Ortsangabe oder einem unverwechselbarem Zeichen auch tatsächlich in dem angegebenen Ort hergestellt wurde.
Nach § 126 Abs. 2 Markengesetz sind solche Namen, Angaben und Zeichen im Sinne des Absatzes 1 dem Schutz als geographische Herkunftsangabe nicht zugänglich, bei denen es sich um Gattungsbezeichnungen handelt. Als Gattungsbezeichnungen sind dem Gesetz nach solche Bezeichnungen anzusehen, die zwischenzeitlich ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und als Bezeichnungen oder Angaben der Art, Beschaffenheit oder Sorte dienen. So kann in diesem Fall die Thüringer Bratwurst auch an allen anderen Orten mit dieser Bezeichnung hergestellt und verkauft, da jeder Kunde sich unter diesem Produkt ein genaues Bild machen kann und weiß, dass er beispielsweise beim örtlichen Metzge eine frische Thüringer Bratwurst kaufen kann. Im vorliegenden Fall sieht dies jedoch anders aus.
In der Begründung hat das Gericht aufgeführt, dass bei den Kunden der Eindruck entstehen könnte, dass der verkaufte Käse tatsächlich aus Erzincan stamme oder zumindest die Zutaten für diesen Käse. Hierbei hat sich das Gericht auch auf eine repräsentative Umfrage bei den türkisch-sprachigen Verbrauchern berufen. Fast 90 Prozent der Befragten war die Stadt Erzincan bekannt. Bis zu 30 Prozent der Befragten gingen davon aus, dass der hier verkaufte Käse eingeführt wurde und tatsächlich auch der Stadt Erzincan stamme oder zumindest dessen Zutaten.
In seinem Urteil stellt das Oberlandesgericht Karlsruhe klar, dass es nicht darauf ankommt, ob die sogenannten Verkehrskreise, also die türkisch-stämmigen Kunden mit der Ortsangabe auch gleichzeitig eine Qualitätsvorstellung verbinden. Ebenso ist die Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr, also die Produktbezeichnung an sich, keine Voraussetzung für einen Verstoß im Sinne der §§ 126 ff. Markengesetz. Vielmehr reicht der Hinweis „nach türkischer Art“ nicht aus, um dem Kunden klar zu machen, dass es sich in diesem Fall nicht um ein Produkt handelt, welches in der Türkei hergestellt wurde. Vielmehr könnte dieser Hinweis als Bestätigung der Herkunftsvorstellung aufgefasst werden. So wird der Kunde glauben, dass „nach türkischer Art“ bedeutet, dass der Käse wirklich in Erzincan hergestellt wurde.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.01.2013, Az. 6 U38/12