Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit seinem Urteil vom 10.12.2012 unter dem Aktenzeichen 1 WS 218/12 entschieden, dass eine Berufung auch per SMS wirksam eingelegt worden ist, wenn die Identität des Absenders feststeht.
In dem betreffenden Fall wurde eine Berufung gegen ein Jugendstrafurteil eines Amtsgerichts (AG) mit Hilfe eines so genannten SMS-to-Fax-Service eines Mobilfunkunternehmens eingelegt.
Mittels Beschluss verwarf die Jugendkammer des Landgerichts (LG) die Berufung als unzulässig.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Text nicht in einer zweifelsfreien Weise erkennen lasse, wer der Absender der Nachricht ist. Zuvor ging eine andere Nachricht auf gleichem Weg ein, die wie folgt lautete:
„Tag chef ü.chef(v.richter …..)!az:…..!möchte überprüfung erwirken(!)-arrestantritt unter gegebenen umständen zu unrecht(!!)angeordnet!!m.f.g.,c.k.!“.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung wurde seitens der Erziehungsberechtigten handschriftlich Beschwerde eingelegt.
In ihrer Stellungnahme beurteilte die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg die form- und fristgerechte sofortige Beschwerde als zulässig.
Es wird ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob die Beschwerde bereits mit den Telefax-Nachrichten wirksam eingelegt worden sei, denn die nach § 306 Abs. 1 StPO geforderte Schriftform sei jedenfalls durch den handschriftlichen Schriftsatz der Beschwerdeführerin gewahrt. Als gesetzliche Vertreterin des Angeklagten sei sie auch beschwerdeberechtigt. Auch die Beschwerdefrist sei eingehalten worden, denn die Frist begann mit der Zustellung des Beschlusses zu laufen. Die zuvor erfolgte Ersatzzustellung durch Einwurf in den Briefkasten der Adresse sei unwirksam gewesen, da anhand der Akten feststehe, dass unter dieser Adresse keine Wohnung der Beschwerdeführerin existierte.
Die sofortige Beschwerde sei auch begründet. Das LG hätte die Berufung nicht als unzulässig verwerfen dürfen, da die per SMS-to-Fax eingelegte Berufung statthaft und zulässig sei. Die gesetzliche Form sei dann gewahrt, wenn das Rechtmittel schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werde. Maßgeblich sei allein die für den Adressaten auf Veranlassung des Absenders erstellte Urkunde. Es komme nicht darauf an, ob diese Urkunde auf einer Urschrift beruhe, welche am Absendeort aufgenommen und vom Absender unterzeichnet worden sei. Daher sei es seit Langem anerkannt, Rechtsmittel per Telegramm oder Computerfax einzulegen.
Formvorschriften seien im Übrigen kein Selbstzweck, sondern dienen lediglich der Wahrung der Rechte von Verfahrensbeteiligten. Zur Wahrung des Schriftformerfordernisses sei daher auch bei fristgebundenen Rechtsbehelfen die handschriftliche Unterzeichnung nicht unbedingt erforderlich. Entscheidend sei vielmehr, dass mit hinreichender Zuverlässigkeit ersichtlich ist, von wem die Erklärung stamme. Der Text sei im vorliegenden Fall mit den Initialen der Absenderin versehen gewesen. Es stehe auch ohne weitere Erklärungen zuverlässig fest, dass gesetzliche Vertreterin des Angeklagten die Berufung eingelegt hat. Es gebe auch keine Hinweise dahingehend, ob etwa das Telefax lediglich einen Entwurf darstellen sollte oder die Erklärung ohne Willen und Wissen dem Gericht zugeleitet wurde. Auch die Ergänzung „folgt schriftl.“ lasse erkennen, dass die Berufung jetzt und nicht erst mit einem weiteren Schriftsatz eingelegt werden sollte.
Im Übrigen gebiete es das Verfahrensgrundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, dass der Anspruch des Bürgers auf effektiven Rechtsschutz nicht in unzumutbarer und aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigten Weise erschwert werde.
Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 10.12.2012, Aktenzeichen 1 WS 218/12.