Das Kammergericht (KG) Berlin hat in seinem Urteil vom 03.08.2012 zum Az. 5 U 169/11 zur Frage entschieden, wie die außergerichtliche Geschäftsgebühr abzurechnen ist, wenn die gerichtliche Verfahrensgebühr bereits in voller Höhe gegen die kostenpflichtige Partei festgesetzt wurde. Der weitere Inhalt der Entscheidung befasst sich mit der Frage, ob ein anwaltliches Abschlussschreiben noch abrechnungsfähig ist, wenn es unstreitig verfrüht abgeschickt wurde.
Der Rechtsstreit im einstweiligen Verfahren zum Wettbewerbsrecht ist zwischen den Parteien hinsichtlich der Begründetheit des begehrten Unterlassungsanspruchs unstreitig. Das KG Berlin als Berufungsinstanz hatte sich mit Fragen der juristischen Abrechnungstechnik zu befassen.
Gewöhnlich fallen in einem Verfahren die außergerichtliche Geschäftsgebühr und die Verfahrensgebühr an. Das RVG sieht bei Zusammentreffen der beiden Gebühren vor, dass eine Anrechnung erfolgt und der Gesamtbetrag somit eingekürzt wird. Voraussetzung ist, dass beide Gebühren die gleiche Sache betreffen. Dies hat das Kammergericht bejaht. Die Abmahnung und das Eilverfahren gehören zum gleichen Rechtsbereich, der mit dem Verfahren geklärt werden sollte. Eine davon zu unterscheidende Angelegenheit ist das Abschlussschreiben, das aber mit der angegriffenen Geschäftsgebühr nicht abgerechnet wurde.
Die Vorinstanz hat die Verfahrensgebühr in voller Höhe festgesetzt. Die ebenfalls von der Klägerin beanspruchte Geschäftsgebühr darf zusammen mit der Verfahrensgebühr nicht mehr als die um die Hälfte einer der Gebühren verringerte Gesamtsumme ergeben. Das Landgericht kürzte folgerichtig den Betrag der Geschäftsgebühr um die Hälfte der Verfahrensgebühr ein. Einen Anspruch auf zwei volle Gebühren steht nach der Entscheidung des KG Berlin der Klägerin nicht zu.
Weiterer Entscheidungsgegenstand waren die von der Klägerin geforderten Gebühren für das von ihrem Prozessbevollmächtigten im Abmahnverfahren gefertigte Abschlussschreiben, das außergerichtlich ergeht und zur Vorbereitung der Hauptsache dient. Das KG folgt dabei dem Vortrag der Beklagten, dass diese noch vor dessen Eingang alleine auf die Zustellung der einstweiligen Verfügung hin bereits beabsichtigt hatte, die geforderte Erklärung abzugeben. Der Zeitrahmen eines solchen Vorgehens ist zwar nicht einheitlich bestimmt, aber eine Zeitspanne zwischen zwei und drei Wochen nach Eingang der einstweiligen Verfügung wird dem Beklagten jedenfalls zugebilligt.
Hier bestand zudem die Besonderheit, dass der Vertreter der Beklagten bereits telefonisch mitgeteilt hat, keine materiellrechtlichen Einwände zu haben. Er behielt sich lediglich die Prüfung aller Formalien vor und den Eingang der Originalverfügung. Damit war bereits klar, dass das Verfahren auch ohne ein weiteres Abschlussschreiben der Klägerin beendet werden konnte. Ein Hauptverfahren würde nicht notwendig sein. Die Übersendung eines Abschlussschreibens vor Ablauf einer dreiwöchigen Frist war also ebenfalls nicht notwendig und damit auch nicht erstattungsfähig.
Das Kammergericht Berlin hat die über die üblichen Gebühren hinausgehenden Forderungen der Klägerin als nicht erstattungsfähig angesehen und damit die zusätzliche Gebührenbelastung im ohnehin kostenintensiven Abmahnverfahren des Wettbewerbsrechts abgelehnt.
KG Berlin 5. Senat, Urteil vom 03. August 2012 – Az. 5 U 169/11
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06.02.2013