Durch das Voranschreiten der technischen Rahmenbedingungen hat sich der Vertrieb von Waren in den letzten anderthalb Jahrzehnten vermehrt auf das Internet ausgedehnt. Hier wird mit sogenannten Affiliate-Netzwerken ein Produkt beworben. Sowohl der Händler selbst als auch der Werbefachmann profitieren davon. Doch stets kommt es auch zu Fehlhandlungen, bei denen fraglich ist, wem diese zugerechnet werden können.
Das Affiliate-Marketing
Nur gemeinsam ist man stark. Das gilt auch als Wahlspruch solcher Netzwerke. Sie basieren darauf, dass sich mehrere Händler zusammenschließen und einen sogenannten Affiliate beauftragen. Dieser entwickelt eine individuelle Werbung für die Händler, bindet diese in Webseiten ein und generiert durch die Klicks auf solche Banner ein hohes Aufkommen an Kunden, wodurch sich in der Regel bessere Absatzmöglichkeiten ergeben und die Umsätze steigen. Der Händler, der fachgerecht als Merchant bezeichnet wird, kann die Vorteile also ebenso wie der Affiliate nutzen. Doch bei diesem Vorgehen sind auch Fehler nicht immer vermeidbar. Gerade das irrtümliche Versenden von Spam sorgte nun für einen Fall, der vor dem Landgericht Stuttgart entschieden wurde.
Grundlegende Bedingungen missachtet
Im vorliegenden Fall hatte sich ein Händler einem solchen Netzwerk angeschlossen. Bereits bei der Übereinkunft mit dem Affiliate ließ er sich zusichern, dass in seinem Namen keine sogenannte Spammail verschickt werde, da er diese nicht als förderlich, sondern als schädigend für sein Geschäft ansah. Der Affiliate verschickte dennoch Newsletter per Mail. Inwieweit es sich dabei um Spam handelt, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls erreichte ein solcher Letter auch einen Empfänger, der darum nicht gebeten hatte und der auf keiner Adressliste stehen wollte. Er klagte gegen den Händler also auf ein Unterlassen sowie die Erstattung jener Kosten, die er für die rechtliche Geltendmachung seiner Rechte aufwendete.
Keine Haftung erkennbar
Fraglich war es in dem Verfahren, inwieweit es dem Händler angelastet werden kann, dass für seine Produkte derlei Newsletter versendet werden. Denn er selbst hatte über die Teilnahmebedingungen an dem Netzwerk ausdrücklich verlangt, dass kein Spam in seinem Namen verschickt wird. Auch eine Störerhaftung schied nach Ansicht des Landgericht Stuttgart aus, da der Händler keine Pflicht trug, sich beim Affiliate fortwährend zu erkundigen, ob auch tatsächlich keinerlei unerwünschte Mails weitergeleitet werden. Etwas anderes würde sich erst dann ergeben, wenn der Händler gewusst hätte oder hätten wissen können, dass der Affiliate in seinem Namen rechtswidrig die Werbung versendet. Da der Händler aber seriös für sich geworben und den Spam ausdrücklich untersagte habe, ist davon nicht auszugehen.
Positive Folgen erwartet
Der Händler hat somit doppelten Grund zur Freude: Ihm kann einerseits nicht der Verstoß angelastet werden, sich der Spam-Mails bedient zu haben. Die Verantwortlichkeit dafür träfe höchstens den Affiliate, gegen den die Klage indes nicht gerichtet war. Andererseits wird erwartet, dass der Händler sogar – wenn auch ungewollt – durch das Versenden der Mails profitiert. Diese erreichen regelmäßig einen großen Kundenkreis und steigern den Umsatz. Mag eventuell ein Empfänger darunter sein, der rechtlich gegen diese Maßnahme vorgeht, so lohnt sich aus Sicht des Händlers der Irrtum des Affiliates in jedem Falle. Für ihn wird geworben. Und das sogar kostenlos, da er die als Spam deklarierte Werbung nicht bezahlen muss.
LG Stuttgart, Urteil vom 29.05.2013, Az. 13 S 200/12