Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hat unter dem Aktenzeichen 6 W 61/13 am 11.06.2013 geurteilt, dass eine Dringlichkeitsvermutung nach § 12 II UWG durch eine längere Untätigkeit des Antragsstellers nach der Kenntniserlangung eines Wissensvertreters von einem Wettbewerbsverstoß als widerlegt gelten muss. Denn der Kläger bzw. Antragssteller muss sich auch das Handeln des Vertreters zurechnen lassen (analog § 166 I BGB). Als ein solcher Vertreter ist beispielsweise auch ein Anwalt anzusehen.
Wenn ein Antragssteller durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass ihm die Sache nicht besonders eilig ist, widerlegt er durch dieses Verhalten eine Dringlichkeitsvermutung nach der Regel des § 12 II UWG. Vor allem gibt es auch keine starr einzuhaltende Frist von 6 Wochen von der Kenntniserlangung bis zur Antragsstellung. Eine solche Frist soll lediglich einen zeitlichen Rahmen zur Orientierung bieten.
Inhaltlich greift der Antragsteller diverse Werbeaussagen der Antragsgegner auf, da sie seiner Auffassung nach eine irreführende Darstellung von Tests und deren Ergebnissen sein sollen. Es handele sich dabei um eine Art Revanche, da die Antragsgegner den Antragssteller zuvor ihrerseits abgemahnt hatten. Der Antragssteller hatte die Abmahnung durch seinen Anwalt zurückweisen lassen.
Wie aus dem anwaltlichen Schreiben hervorgeht, hatte der Prozessbevollmächtigte des Antragsstellers von dem Internetauftritt der gegnerischen Partei bereits Kenntnis. Diese Kenntnis muss sich der Antragssteller zurechnen lassen. Es bedürfe auch nicht einer gesonderten Beauftragung des Anwalts, um tätig zu werden. Die Kenntnis des Anwalts wirke so wie wenn der Mandant selbst im Besitz er Kenntnis gewesen wäre. Da der Anwalt zudem mit Abmahnprozessen hinlänglich vertraut sei, hätte er seinem Mandanten ohne Weiteres auch Informationen zuleiten müssen, die seinem Mandanten einen Gegenangriff auf die abmahnende Partei ermöglicht hätten. Da der Anwalt dies versäumt hatte, wurde der Verfügungsantrag erst 6 Wochen nach der Kenntniserlangung gestellt, nachdem zuvor eine Abmahnung erfolgte. Als reine Überlegungszeit sei diese Frist zu lang, so die Richter.
Von der Kenntniserlangung bis zu Abmahnung über einen Monat Frist verstreichen zu lassen, sei nur dann angängig, wenn aufwändige Prüfungen des Sachverhalts erforderlich gewesen wären oder der Wissensvertreter ohne einschlägige Erfahrung gewesen wäre. Hierzu sei jedoch nichts vorgetragen worden.
OLG FFM, Urteil vom 11.06.2013, Aktenzeichen 6 W 61/13