Rechtsanwalt Frank Weiß

73728, Esslingen
Rechtsgebiete
IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht Gewerblicher Rechtsschutz
04.06.2013

Umformulierung abgemahnter Klauseln muss kernändernd sein

Mit "Wortspielen" wollte sich das Oberlandesgericht Hamm offenbar nicht zufriedengeben: Weil die Beklagte eine abgemahnte Formulierung nur wörtlich abänderte, sodass der Inhalt auch weiterhin unklar blieb, wurde sie gleich doppelt und vierfach zu Strafzahlungen verurteilt.

AGB müssen Verbrauchern klare Vorstellungen über Lieferfristen geben

Sowohl die Beklagte als auch die Klägerin sind Verkäuferinnen, die online unter anderem Wärmepantoffeln vertreiben. Auf der Internetverkaufsplattform "eBay" stellte die Beklagte ihre Waren als gewerbliche Verkäuferin ein und formulierte dazu in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen (kurz: AGB): "Angaben über die Lieferfrist sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich zugesagt wurde". Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz: UWG). Dort heißt es im Paragrafen 4 Nummer 11, dass unlauter und damit unzulässig derjenige handelt, der "einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die (...) das Marktverhalten" regelt. Der Paragrafen 308 des Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: BGB) ist eine solche marktregelnde Vorschrift. In dessen Nummer 1 steht: In AGB sind insbesondere solche Klauseln unwirksam, die eine Bestimmung enthalten, "durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für (...) die Erbringung einer Leistung vorbehält". 

Umformulierungen, bei denen die Kernaussage gleich bleibt, genügen nicht

Die Beklagte sah ihren Fehler ein und unterzeichnete am 27.12.10 eine entsprechende Unterlassungserklärung, die ihr die Klägerin zugeschickt hatte. Darin verpflichtete sie sich, im Falle jeder Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.500 Euro an die Klägerin zu leisten. Doch bereits zwei Tage später musste die Klägerin erneut gegen die Beklagte vorgehen - wieder wegen der Klausel zur Lieferfrist. Nach Ansicht der Klägerin formulierte die Beklagte zwar die zuvor beanstandete Klausel zur Lieferfrist um, allerdings blieb diese im Kern gleich. Aus "Angaben über die Lieferfrist sind unverbindlich, soweit nicht ausnahmsweise der Liefertermin verbindlich zugesagt wurde" wurde nun "angegebene Lieferfristen stellen nur einen Richtwert dar und gelten daher nur annähernd vereinbart (Zirka-Fristen)". In beiden Fälle, so die Argumentation der Klägerin, liege ein Fall des Paragrafen 308 Nr. 1 BGB vor. In beiden Fällen sei für den Verbraucher nicht ersichtlich, wann die Beklagte die bestellte Ware liefern werde.

Das zweifache Doppel

Das Oberlandesgericht Hamm folgte weitgehend den Forderungen der Klägerin und sprach ihr einen Unterlassungsanspruch und damit gleich auch die Forderung auf die Zahlung einer Vertragsstrafe zu. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Höhe der zugesprochenen Vertragsstrafe. Die Richter hielten nämlich eine vierfache Zahlung für angemessen. Da die Beklagte die Formulierung sowohl in ihrem Onlineshop als auch auf der Internetplattform "eBay" nutzte, müsse sie doppelt zahlen. Denn nach Ansicht des Gerichts zielen beide Webseiten auf unterschiedliche Kunden ab, sodass jeder Fall isoliert voneinander betrachtet werden müsse. Da dieser "doppelte" Verstoß gleich zweimal vorkam (nicht nur die eingangs beanstandete Formulierung sei wettbewerbswidrig, sondern auch ihre Abänderung), müsse die Vertragsstrafe doppelt ausfallen, das heißt 2 x 3.500 Euro x 2 = 14.000 Euro.

OLG Hamm, Urteil vom 18.9.12, Az. I-4 U 105/12