Wohl jeder Bundesbürger hat sich bereits über die Post beklagt: Mal kommt sie nicht, mal liefert sie ihre Sendungen zu spät ab. Doch statistisch gesehen leistet das Versandunternehmen einen guten Service mit geringen Fristen. Auf sie darf gemäß eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Juni 2013 sogar rechtlich bindend vertraut werden.
Alle Fristen eingehalten
Dem Fall, der somit vor den obersten Ordnungshütern landete, lag ein relativ simpler Sachverhalt zugrunde, der sich in dieser Form alleine in Deutschland wohl hundertfach täglich abspielt. Ein Anwalt konnte einen Prozess für seinen Mandanten nicht gewinnen und entschied sich, die Berufung der zweiten juristischen Instanz in Anspruch zu nehmen. Die dafür notwendigen Unterlagen müssen bei dem zuständigen Gericht binnen einer bestimmten Frist eingehen. Erreichen die Papiere ihr Ziel nicht spätestens an diesem Termin, verfällt die Option einer weiteren rechtlichen Überprüfung des Falles. Vorliegend kam der Anwalt diesem Erfordernis aus seiner Sicht jedoch nach: Sogar fünf Tage vor Ablauf des Datums übersandte er den Brief. Auf eine zusätzliche Absicherung über das Fax verzichtete er indes.
Berufung nicht zugelassen
Das angeschriebene Gericht erhielt die Dokumente zu spät und somit nach Ablauf der Frist. Da es der Anwalt vermieden hatte, die Schriftsätze zur Absicherung ein zweites Mal per Fax zu senden, ließen die Richter die Berufung nicht mehr zu. Hauptsächlich stützten sie sich in ihrer Argumentation darauf, dass der Anwalt in allen sonstigen Fällen zuvor jeweils auch über das Fax die entsprechenden Papiere eingereicht hatte. Da der Spruchkörper aber auf beiden Wegen – per Post und per Fax – nichts erhielt, ging er davon aus, der Anwalt habe auch nichts versendet. Die Frist war damit überzogen, die formal richtige Entscheidung konnte folglich nur darin liegen, die Berufung nicht mehr zuzulassen.
Das oberste Gericht weicht ab
Allerdings traf diese Rechtsauffassung beim Bundesgerichtshof auf wenig Verständnis. In einem Beschluss aus dem Juni 2013 wurde die Wiedereinsetzung des Verfahrens in den Stand der Berufung angeordnet, die Frist blieb gewahrt. Der Grund lag darin, dass der Anwalt glaubhaft versichern konnte, den Brief fünf Tage vor Eingangsstopp abgesendet zu haben. Damit war ihm jede Möglichkeit der Einflussnahme genommen. Die Verantwortung lag also bei der Post. Bei diesem Unternehmen darf nach Ansicht der Richter aber darauf vertraut werden, dass ein Brief, der bis zur Leerung des Postkastens eingeworfen und ordnungsgemäß frankiert und adressiert ist, bereits am nächsten Werktag zugestellt werden kann. In dem vorliegenden Falle hatten der Post selbst fünf Tage aber nicht gereicht.
Keine weiteren Pflichten
Es würde also faktisch bereits ausreichen, derartige Schriftsätze einen Werktag vor Ablauf der Frist an das Gericht zu schicken. Weitere Maßnahmen der Sorgfalt obliegen dem Absender nicht. Damit ist er auch nicht gezwungen, einen Teil der Dokumente vorab per Fax einzureichen – selbst dann nicht, wenn er bislang immer so gehandelt hatte. Aus diesem Vorgehen darf indes nicht abgeleitet werden, dass der Betroffene immer so agieren werde. Der Anwalt hatte hier also rechtmäßig und vor allem rechtskräftig gehandelt, indem er einerseits auf das Fax verzichtete, andererseits aber die notwendigen Papiere vor Ablauf der Frist bei der Post aufgab. Die Berufungsverhandlung wurde daher neu angesetzt.
BGH, Beschluss vom 19.06.2013, Az. V ZB 226/12