Sind lebende Bäume "leicht verderbliche" Waren? Nein, sagt das Oberlandesgericht Celle und widerspricht somit den Vorstellungen eines Verkäufers, der seinem Kunden das Widerrufsrecht absprechen wollte.
Ausnahmen beim obligatorischen Widerrufsrecht
Seit Jahren hält sich die Wachstumsrate der Onlineshopbranche trotz diverser Wirtschaftskrisen tapfer im zweistelligen Bereich. Angesichts der stetig weiter wachsenden Beliebtheit der Onlineshops sah sich der Gesetzgeber in der Pflicht, Verbraucher schützende Normen zu erlassen, um diese vor einseitigen AGB-Diktaten durch gewerbliche Verkäufer in Schutz zu nehmen. Ein prominentes Recht dabei ist das Widerrufsrecht. Wenn ein Verbraucher bei einem Unternehmer eine Ware bestellt, so hat er binnen mindestens zwei Wochen nach Erhalt der bestellten Ware das Recht, diese wieder an den Verkäufer gegen Rückerstattung des Kaufpreises zurückzuschicken. Allerdings machte der Gesetzgeber gleichzeitig Ausnahmen von dieser Regel. So soll das Widerrufsrecht nicht gelten bei Waren, die auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden angefertigt wurden. Dasselbe gilt laut §312 d Absatz 4 Nr. 1 auch für solche Waren, die "schnell verderben" können. Und genau darauf bezog sich vorliegend der Beklagte, ein gewerblich tätiger Verkäufer.
Sind Bäume leicht verderblich?
Hintergrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Celle war, dass ein Verbraucher, vorliegend der Kläger, beim Beklagten Bäume bestellt hatte, diese aber wieder zurückschicken wollte. Der Beklagte sprach ihm aber das Recht auf Widerruf ab mit dem Hinweis, es handele sich bei Bäumen um schnell verderbliche Waren, die laut § 312 d vom Widerrufsrecht ausgenommen seien. Ferner seien die Bäume mittlerweile abgestorben, gerade weil der Kläger sie nicht, wie es ordnungsgemäß hätte sein müssen, eingepflanzt hatte. Das Oberlandesgericht Celle, das nun den Rechtsstreit zu entscheiden hatte, folgte aber nicht den Einwendungen des Beklagten und stellte das Widerrufsrecht des Klägers wieder her.
Nachhaltige Freude: Bäume kommen, um lange zu bleiben
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Bäume keine verderblichen Waren seien - ganz im Gegenteil. Lebende Bäume werden gerade deshalb gekauft, damit ihre Käufer ihnen möglichst viele Jahre lang beim Wachsen und Gedeihen zusehen können sowie ihre Früchte ernten können. Von schneller Verderblichkeit könne insoweit keine Rede sein, so die Richter. Diese Überlegung könnte man allenfalls bei Schnittblumen anstellen, aber nicht bei lebenden Bäumen. Eine "schnell verderbliche" Ware läge nach Meinung der Richter nur dann vor, wenn mit der Transportzeit zu dem Käufer bereits ein nicht unerheblicher Teil der gesamten Lebenserwartung der Ware verstrichen wäre, was vorliegend nicht der Fall war. Selbst die Einwendung des Beklagten, der Käufer sei an dem Absterben der Bäume schuld, wollten die Richter nicht gelten lassen. Die Bäume werden nach Ansicht der Richter nicht allein deshalb zu einer schnell verderblichen Ware, nur weil der Käufer, der kurz nach Erhalt der Ware gemerkt hat, dass er diese nicht behalten und an den Verkäufer zurückschicken möchte, sie nicht eingepflanzt hat. Dies führte zwar möglicherweise zum Absterben der Bäume, aber war ein notwendiges Übel, da ein Zurückschicken andernfalls nicht möglich gewesen wäre.
OLG Celle, Beschluss vom 4.12.2012, Aktenzeichen 2 U 154 / 12
Artikel
26.02.2013