Die Massenabmahnung ist eine gängiger Bezeichnung, wenn viele ähnliche oder gleichlautende Abmahnungen verschickt werden. Es gibt Kanzleien, die sich gerade auf solche Abmahnungen spezialisiert haben. Den Abmahnern geht es nicht um einen Sachverhalt, sondern nur um das Eintreiben von angeblich entstandenen Kosten. Das Landgericht Freiburg hat in diesem Zusammenhang ein interessantes Urteil gegen einen solchen Massenabmahner gefällt.
Abgemahnt wurde der Betreiber eines Fachgeschäftes für Kücheneinrichtungen. Das Geschäft hatte gegen die Vorschriften zur Kennzeichnung des Energieverbrauches bei Haushaltsgroßgeräten (EnVKV) verstoßen. In der schriftlichen Abmahnung war dargestellt, dass der Betreiber des Geschäftes gegen die Bestimmungen des EnVKV gehandelt habe, weil er in seinem Geschäft neben Küchenmöbeln auch Haushaltsgeräte zum Kauf oder zur Miete ausgestellt habe. Bei keinem dieser Geräte habe man bei einem Testbesuch Etiketten zur Information über den Verbrauch von Energie oder andere Daten finden können. Es bestehe aber die gesetzliche Verpflichtung zur entsprechenden Kennzeichnung der Geräte.
Der Abgemahnte hatte keinerlei Einwände gegen die Vorwürfe. Er bestätigte das Fehlen der Kennzeichnung. Allerdings konnte man die Formulierung der Abmahnung nur als äußerst schwammig und nichtssagend bezeichnen. Zudem war dem Schreiben eine Unterlassungserklärung beigefügt, die aber sehr ungenau und unspezifisch gefasst war. Der Abgemahnte unterzeichnete die Erklärung nicht und teilte dem Abmahner mit, dass die Abmahnung beileibe nicht den minimalen Anforderungen genüge. Doch der Abmahner ließ diese Argumente nicht gelten und wollte seine Forderungen vor Gericht durchsetzen.
Die Freiburger Richter stellten sich im Grundsatz hinter den Kläger. Dass der Betreiber des Küchengeschäftes die Kennzeichnungen nach den Bestimmungen des EnVKV nicht angebracht hatte, war für die Richter klar rechtswidrig. Die Klage selbst allerdings fand keineswegs die Zustimmung des Gerichtes. Der Abgemahnte und nun Angeklagte hat sein Fehlverhalten grundsätzlich eingesehen. Deshalb war ein Prozess vollkommen unnötig. Der Kläger hätte sich mit dem Angeklagten auch ohne ein gerichtliches Verfahren einigen können. In einem solchen Fall kann das Gericht nach § 93 der Zivilprozessordnung dem Kläger die Kosten des Prozesses auferlegen. Das Gericht machte in diesem Fall davon Gebrauch und verurteilte den Kläger zur Tragung der Kosten. Der Grundsatz, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, könne vorliegend keine Anwendung finden. Die Ausnahme begründete das Gericht damit, dass die Abmahnung in diesem Fall nicht ausreichend konkret dargestellt habe, welcher Verstoß dem Beklagten vorgeworfen wird.
Die Richter erklärten die Abmahnung für sehr mangelhaft. Es handelte sich offensichtlich um eine Massenabmahnung, die dem Abgemahnten nur sein Geld aus der Tasche ziehen sollte. Es gab zwar Beweisfotos, doch stammte eine der Aufnahmen offenbar nicht aus dem Laden des Angeklagten. Die Unterlassungserklärung war nach Ansicht der Richter schlicht inakzeptabel. Der Inhalt bezog sich danach gar nicht auf den kritisierten Verstoß, sondern forderte allgemein ein Verhalten nach Recht und Gesetz. Eine solche Erklärung muss der Abgemahnte und Angeklagte nicht unterzeichnen.
Das Urteil ist ein positiver Aspekt bei den zahlreichen Massenabmahnern, die inzwischen überall ihr Unwesen treiben. Hier wird den nicht seriösen Abmahnungen ein Riegel vorgeschoben. Man benutzt dabei oft eine wenig bekannte oder schwierige Vorschrift, um viele Geschäftsleute abzumahnen und einfach auf den Erfolg zu warten. Wenn nur einige der Abgemahnten zahlen, so lohnt sich vermutlich bereits der Aufwand, den die Abmahner betreiben. Die Freiburger Richter haben mit ihrem Urteil immerhin ein Zeichen gegen derartige Praktiken gesetzt.
LG Freiburg, Urteil vom 04.01.2013, Az. 12 O 127/12