Das Landgericht Hamburg (Az.: 327 O 438/11) hatte sich mit der Rechtmäßigkeit der Gestaltung eines Gewinnspiels auf einer „Fanseite“ bei Facebook zu beschäftigen. Gewinnspiele von Unternehmen bei Facebook sind weit verbreitet. Dies nicht zu Letzt um dadurch möglichst viele „Likes“ auf die eigene Facebook-Seite dadurch zu generieren, dass interessierte Facebook-Nutzer an dem Gewinnspiel nur durch einen Klick auf den "Gefällt mir"-Button teilnehmen können.
Worum ging es?
Ein Verbraucherschutzverein ging gegen den Betreiber einer Facebook-Fanseite vor, auf der ein Gewinnspiel veröffentlicht wurde. An diesem Gewinnspiel konnten die Facebook-Nutzer nur teilnehmen, wenn sie zuvor auf den “Gefällt mir”-Button geklickt hatten. Der Verbraucherschutzverband sah dies als irreführend und damit wettbewerbswidrig an, zumal die Teilnahme an dem Gewinnspiel von einem Klick auf den "Gefällt mir"-Button abhängen würde. Dem Facebook-Nutzer würde hierdurch suggeriert, der Teilnehmer an dem Facebook-Gewinnspiel habe positive Erfahrungen mit dem Unternehmen und den dahinter stehenden Produkten gemacht.
Der Verbraucherschutzverband vertrat die Auffassung, dies wäre mit "gekauften" Facebook-Freunden vergleichbar und somit wettbewerbswidrig.
Die lebensnahe Entscheidung des LG Hamburg „aus eigener Sachkunde“
Offensichtlich hat der “Gefällt mir”-Button für das Landgericht Hamburg keine allzu große Bedeutung. Das Landgericht führt hierzu –nach unserer Ansicht zutreffend- aus:
„[…] Mit der Betätigung des „Gefällt mir“-Buttons bei F. kommt nach dem Verkehrsverständnis lediglich eine unverbindliche Gefallensäußerung zum Ausdruck, mit der das Netzwerk des betroffenen Nutzers keine weiteren Erwartungen oder Gütevorstellungen verbindet.
Schon keine Irreführung folgt aus der Werbung für das Gewinnspiel als solches gemäß Anlage I, denn dem angesprochenen Gewinnspielinteressent bleibt nicht verborgen, was von ihm verlangt wird, um an dem Gewinnspiel teilzunehmen. Er tritt vielmehr mit dem Betätigen des „Gefällt mir“-Buttons ganz bewusst in Kontakt mit dem Werbenden (er möchte ja die ausgelobte Gewinnchance wahrnehmen). Eine Irreführung könnte daher allein aus dem Ergebnis dieses Teilnahmevorgangs folgen […], nämlich indem bei den Kontakten des Gewinnspielteilnehmers im Nachrichtenfluss die Mitteilung erscheint, dass diesem Kontakt das Unternehmen der Beklagten „gefällt“.
Dieser Vorgang begründet angesichts des Verkehrsverständnisses keine Irreführungslage. Angesprochene Verkehrskreise der streitgegenständlichen Internetwerbung der Beklagten sind die Nutzerinnen und Nutzer der Online-Plattform Facebook, mithin weitgehend die Gesamtheit der Verbraucher, soweit sie Mitglieder bei Facebook sind. Mag diesen Nutzern zwar die Entwicklung des „Gefällt mir“-Buttons bei Facebook aus dem „Fan“-Button nicht im Einzelnen bekannt sein, so sind sie doch mit der Funktionsweise des „Gefällt mir“-Buttons zumindest dem Grunde nach vertraut. Denn der Button ist ein zentrales Element dieser Online-Plattform, die dem weltumspannenden Vernetzungsgedanken huldigt und der (zumindest netzwerkweiten) Verbreitung von Wichtigem und Unwichtigem. […]
Dabei unterscheidet weder die Plattform selbst, noch ihre Nutzer zwischen Wichtigem und Unwichtigem. Gefallen kann (und darf) einem F.-Nutzer alles - und davon wird reichlich Gebrauch gemacht, wie der Vortrag der Parteien belegt. Die Facebook -Nutzer sind daher damit vertraut, dass durch das Betätigen dieses Buttons lediglich eine allgemeine Gefallensäußerung in Bezug auf die bereit gestellte Mitteilung zum Ausdruck kommt, sei es bezüglich der Aussage eines Bekanntes/Freundes, eines Fotos, Musikstücks, Videos oder eben bezüglich eines Unternehmen und/oder seiner Produkte. Diese Gefallensäußerung ist jedoch eine unverbindliche, für eine näher qualifizierte Gefallensäußerung sind die Textmitteilungen („Postings“) verfügbar. Im Gegenteil, wird von Letzterem kein Gebrauch gemacht, bleiben den Kontakten des Nutzers die näheren Gründe oder Motive für das Betätigen des „Gefällt mir“-Buttons sogar verborgen.
Dieses Verkehrsverständnis können die Mitglieder der Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen, da sie ebenfalls zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Für ein anderes Verkehrsverständnis, nämlich dass relevante Teile der Facebook -Nutzer den „Gefällt mir“-Button als Gütesiegel aufgrund persönlicher Erfahrung verstünden, hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger keinen erheblichen Vortrag geliefert. Gerade vor dem Hintergrund, dass dem Netzwerk das Motiv und die Hintergründe der Gefallensäußerung durch den „Gefällt mir“-Button in Ermangelung weiterer Angaben des Nutzers unbekannt bleibt, geht die Nutzerwirklichkeit entgegen der Behauptung des Klägers nicht dahin, dass das Betätigen des „Gefällt mir“-Buttons die Äußerung einer besonderen Wertschätzung oder Güte der Mitteilung, des Fotos oder eben des Unternehmensangebots zum Gegenstand habe, geschweige denn, dass sie eine persönliche Erfahrung des Nutzers mit dem Mitteilungsobjekt widerspiegele. […] Die Nutzerwirklichkeit geht vielmehr dahin, dass es sich bei der Betätigung des „Gefällt mir“-Buttons um eine rein unverbindliche Gefallensäußerung handelt, die sich - bezogen auf Unternehmen - auch in einem allgemeinen Informationsinteresse erschöpfen kann.[…]
Ein anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte die Verknüpfung eines Gewinnspiels mit dem Klick auf den „Gefällt mir“-Button der Beklagten verbunden hat. Angesichts des oben ausgeführten Verkehrs- und Nutzerverständnisses bleiben den Kontakten eines Nutzers, wie gesagt, die Motive für das Betätigen des „Gefällt mir“-Buttons stets verborgen; sie sind damit auch keine positiven oder negativen Bewertung zugänglich. […] Die Art und Weise wie es zu dieser Form der Verknüpfung zwischen einem privaten Nutzer und einem Unternehmen bei F. kommt, bleibt den Kontakten des Nutzers verborgen. Sie kann daher regelmäßig, wenn sie - wie hier - nicht durch eine Textmitteilung begleitet wird, nicht Gegenstand besonderer Erwartungen der Kontakte des Nutzers sein, die über eine unverbindliche Gefallensäußerung und bei Unternehmensseiten sogar nur über ein allgemeines Informationsinteresse hinausginge.“
Fazit:
Fanseiten bei Facebook sind nach Ansicht des LG Hamburg zulässig, auch wenn sind Zugang zu Gewinnspielen eröffnen, an denen erst teilgenommen werden kann, wenn der einzelne User zuvor den „Gefällt mir“-Button betätigt hat. Ob deshalb jedoch automatisch der Fankauf aus zulässig ist, mögen wir noch nicht abschließend zu beurteilen, auch wenn hierbei letztendlich auch das „Like“ geklickt wird um einen wirtschaftlichen Vorteil zu genießen. Eine gewisse Nähe vom herkömmlichen „Fankauf“ zu der streitgegenständlichen Konstellation ist jedoch nicht von der Hand zu weisen.
Artikel
13.02.2013