Eine Promotion ist eine sehr umfangreiche und kräftezehrende wissenschaftliche Arbeit, die den Doktoranden viel abverlangt. Doch der Lohn in Form eines Doktortitels kann viele Vorteile bringen. Er bescheinigt eine hohe Kompetenz und auch ökonomisch ist ein solcher Titel zumeist lohnenswert. Kunden fühlen sich bei promovierten Praktikern, zumindest unbewusst, in guten Händen. Fraglich ist aber, ob es rechtens ist, dass mit einem Doktortitel geworben wird, der aber in einem anderen Fachbereich erworben wurde, sodass der Kundschaft eine überdurchschnittliche Fachkompetenz suggeriert wird. Mit dieser Frage befasste sich das Oberlandesgericht Frankfurt am 19.02.2013.
Der Sachverhalt
Der Betreiber einer Heilpraktikerschule warb mit der Bezeichnung „Heilpraktikerschule Dr. XY“. Grundsätzlich stellt dies keine verbotene Tat dar, da der Titel zutreffend gewesen ist und auch der Doktortitel rechtmäßig vom Betreiber erworben worden ist. Brisant ist allerdings die Tatsache, dass der Betreiber auf dem Gebiet der Chemie promoviert hat und dies nicht durch den Zusatz „Dr. rer. nat.“ ergänzt hatte. Die sich hieran anschließende Frage ist, ob dies eine bewusste Täuschung der potenziellen Kunden darstellt oder ob die Werbebotschaft im Einklang mit dem Gesetz steht, da der Betreiber tatsächlich einen Doktortitel hat.
Die Gerichtsentscheidungen
Ursprünglich beanstandete die Wettbewerbszentrale die Bezeichnung der Heilpraktikerschule. Ihrer Meinung nach würde bei potenziellen Interessenten einer Heilpraktikerausbildung ein falscher Eindruck entstehen. Sie müssten davon ausgehen, dass es sich bei dem Betreiber um einen Doktor der Medizin und nicht um einen promovierten Chemiker handelt. Dieser Klage wurde zunächst nicht stattgegeben. Das Landgericht Frankfurt sah keine Irreführung der Kundschaft und verwies auf die zutreffende Doktortitel-Bezeichnung.
In zweiter Instanz wurde der Sachverhalt allerdings anders entschieden. Das Oberlandesgericht Frankfurt widersprach dem vorangegangenen Urteil. Zunächst teilte das Gericht den Sachverhalt in zwei Teile auf. Als Erstes entschied es, ob überhaupt eine Irreführung vorlag. Im Ergebnis wurde ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise, gemeint sind hiermit die potenziellen Interessenten an einer Heilpraktikerausbildung, eine falsche Vorstellung erlangen würden, da der nicht näher bezeichnete Doktortitel auf eine medizinische Promotion schließen lasse. Der Doktor der Chemie stelle sich folglich als ein Doktor der Medizin dar und täusche somit seine potenziellen Kunden.
Im Anschluss daran behandelte das Gericht die Frage, ob diese Täuschung eine wettbewerbsrechtliche Relevanz hat. Es musste entschieden werden, ob die ungenaue Werbung zu einem unfairen Wettbewerbsvorteil führt. Das Gericht bejahte diese Tatsache. Potenziell Interessierten komme es entscheidend darauf an, ob der Ausbilder beziehungsweise Lehrer ein Doktor der Medizin oder der Chemie sei. Viele medizinische Fächer wie zum Beispiel Anatomie, allgemeine Krankheitslehre oder Physiologie seien elementar für die Ausbildung zu einem Heilpraktiker. Die Fachkompetenz sei einem promovierten Mediziner eher zuzurechnen, als einem Chemiker, sodass die genaue Titelbezeichnung wichtig sei.
Alles in allem liegt also eine Täuschung vor, die auch von wettbewerbsrechtlicher Relevanz ist. Der Betreiber der Heilpraktikerschule muss deshalb das Fachgebiet der Promotion mit angeben.
OLG Frankfurt, Urteil vom 19.02.2013, Az. 6 U 28/12