Der Verbraucherschutz schreitet voran. Auch dank der Ausbreitung des Internets ist es heute möglich, die Bürger schnell und umfassend vor möglichen Gefahren oder doch zumindest Mängeln zu warnen. Das wiederum erfordert eine gesetzliche Grundlage. Eine solche musste sich nun indes der Überprüfung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unterziehen lassen – und wurde dabei selbst als Rechtsbruch angesehen.
Eine lobenswerte Idee
Einige Gemeinden haben es sich in den letzten Jahren bundesweit zum Ziel gesetzt, die Verbraucher besser zu informieren. Insbesondere die hygienischen Zustände von Gastgewerben stehen dabei auf dem Prüfstand. Unter Nutzung des Internets wird der Bürger sodann über etwaige Missstände aufgeklärt. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich dabei der Begriff des „Hygieneprangers“ durchgesetzt: Betriebe, die es mit der Sauberkeit nicht ganz genau nehmen, sollen dabei namentlich genannt werden. Jedenfalls dann, wenn sie nach einer schriftlichen Mahnung durch das Landesamt nicht dafür sorgen, dass sich die angeprangerten Umstände bessern.
Die rechtliche Grundlage
Die Idee der Gemeinden schien nicht nur sinnvoll, sondern auch auf rechtlich sicherem Fuß zu stehen. Immerhin erteilt § 40 Abs. 1a des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches dafür die Zusage: Die Öffentlichkeit darf bereits beim Verdacht hygienischer Mängel eine Auskunft über den Namen des Gastgewerbes erhalten. Darauf berief sich auch die Stadt München, das die gesammelten Daten auf der Webseite des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit veröffentlichte. Dagegen klagten nun aber die Betreiber der Gaststätten, die einen erheblichen Verlust an Einnahmen befürchteten und die sich um ihren Ruf sorgten.
Eine Niederlage für die Stadt
Der vor dem Gericht entschiedene Sachverhalt ging zuungunsten Münchens aus. In einer einstweiligen Anordnung untersagten es die Richter der bayerischen Landeshauptstadt, auch künftig die Namen und Adressen der betroffenen Gastgewerbe zu veröffentlichen. Entscheidend dafür seien zwei Kriterien: Einerseits sei das in Rede stehende Gesetz, auf das sich die Stadt berief, an sich bereits zu unbestimmt. Andererseits verstoße es in seiner gegenwärtigen Form gegen europäisches Recht. Auf eine solche Grundlage könne das Handeln Münchens daher nicht gestützt werden. Klar ist somit aber auch: Es bedarf einer Änderung der Rechtsnorm.
Das Gesetz muss konkretisiert werden
Insbesondere der Bestimmtheitsgrundsatz dürfte den Richtern ein Dorn im Auge gewesen sein. Er besagt, dass das Gesetz keine allgemeinen Aussagen treffen darf, sondern konkret anwendbar sein muss. Im vorliegenden Falle wäre die Weitergabe der Daten an die Bürger schon dann erlaubt, wenn lediglich der Verdacht auf hygienische Mängel vorliegt. Bereits die Vermutung, in einem Restaurant könne unsauber gearbeitet werden, ließe somit die Veröffentlichung der Daten zu. Dem schob der bayerische Verwaltungsgerichtshof nun indes einen Riegel vor.
Verdacht auf Gesundheitsgefährdung
Offensichtlich ist, dass der § 40 Abs. 1a des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches künftig überarbeitet werden muss. Wird er dahin gehend geändert, dass nicht der Verdacht auf hygienische Mängel, sondern der Verdacht einer konkreten Gesundheitsgefährdung durch eben jene Missstände die Notwendigkeit der Information der Öffentlichkeit begründet, dürfte das Vorgehen der Stadt München an sich legitim und rechtmäßig sein. Dem Bürger sollen daher keinerlei Schutzmaßnahmen vorenthalten werden. Doch gilt es, sie juristisch auf sichere Beine zu stellen. Das war bislang nicht der Fall, sollte in den nächsten Monaten aber in die Tat umgesetzt werden.
VGH Bayern, Einstweilige Anordnung vom 18.03.2013, Az. 9 CE 12.2755