Rechtsanwalt Frank Weiß

73728, Esslingen
Rechtsgebiete
IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht Gewerblicher Rechtsschutz
28.01.2013

Filesharing: Unterlassungsanspruch trotz Abgabe einer Unterlassungserklärung

In einem Beschluss vom 11. Januar 2013 wurde die Inhaberein eines Internetanschlusses vom Landgericht Hamburg zur Unterlassung verpflichtet. Ihre Rechtsanwälte hatten zuvor eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Diese Erklärung war jedoch nicht geeignet die Wiederholungsgefahr als Störerin zu beseitigen.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens war, dass die Antragsgegnerin “urheberrechtlich geschützte Musikaufnahmen durch ein Filesharingsystem” öffentlich zugänglich machte.

Die Antragsstellerin konnte als Inhaberin der entsprechenden Rechte einen Anspruch auf Unterlassung stellen. Die entsprechenden Rechte konnte die Antragsstellerin im Verfahren glaubhaft machen. Zudem legte sie eine Kopie der CD vor, aus der zuverlässig hervorging, dass sie die alleinigen Nutzungsrechte als Tonträgerhersteller gemäß § 85 UrhG innehat.

Ebenfalls konnte nachgewiesen werden, dass am 27. 04. 2012 in der Zeit zwischen 18:40:38 Uhr bis 19:33:51 Uhr eine Datei der streitgegenständlichen Musikaufnahme unter der IP-Adresse der Antragsgegnerin durch eine Filesharing-Software der Öffentlichkeit im Internet zugänglich gemacht wurde und dadurch von anderen Teilnehmern heruntergeladen werden konnte.

Diese Nutzung erfolgte ohne Genehmigung der Antragsstellerin.

Zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung war die Antragsgegnerin die Inhaberin der IP-Adresse, wie die Telekom nach entsprechender Auskunft bestätigte. Deshalb vermutete die Antragsstellerin, dass die Antragsgegnerin für die Urheberrechtsverletzung selbst als Täter verantwortlich sei. Der Ehemann der Antragsgegnerin teilte allerdings mit, dass weder seine Frau noch er eine Urheberrechtsverletzung begangen hätten, es wäre aber eine WLAN-Verbindung vorhanden gewesen.

Trotzdem beging die Antragsgegnerin eine Rechtsverletzung, und zwar als Störer. Als Inhaberin des Internetanschlusses hat die Antragsgegnerin ihre Prüfpflichten verletzt. Deshalb haftet die Antragsgegnerin nicht als Täter oder Teilnehmer, sondern als Störer.

Mit Störer werden die Personen bezeichnet, die ihren Internetanschluss nicht sichern, sodass jeder auf den Internetanschluss zugreifen kann. Sobald jemand seinen WLAN-Anschluss nicht genügend verschlüsselt und dadurch anderen Personen einen Zugriff auf den WLAN-Anschluss ermöglicht, haftet der Inhaber des Internetanschlusses für die Taten der dritten Person als Störer. Deshalb ist es für alle Inhaber eines WLAN-Anschlusses ratsam, Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, damit keine fremde Person auf den Internetanschluss zugreifen kann.

Anlass des Verfahrens

Auslöser des Verfahrens war eine „unkorrekte“ Formulierung in der Unterlassungserklärung. Die Antragsgegnerin hatte sich in der Unterlassungserklärung verpflichtet, die streitgegenständlichen Tonaufnahmen zu unterlassen. Wörtlich stand in der Unterlassungserklärung, “durch Nutzung von sogenannten Internet-Tauschbörsen oder Peer-to-Peer-Netzwerken der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder öffentlich zugänglich machen zu lassen”. Zudem ließ sie von ihren Rechtsanwälten erklären, dass sie zu “keinem Zeitpunkt Dateien zum Upload” bereitgestellt hätte. Ebenfalls hätte sie selbst keine “Dateien im Rahmen illegalen Filesharings” heruntergeladen.

Die Antragsstellerin wiederum vertrat die Ansicht, dass diese Formulierung die konkrete Verletzungsform verfehlen würde, da die Antragsgegnerin ihre Täterschaft bestritten hatte. Von einer Störerhaftung war in der Unterlassungserklärung nicht die Rede. Deshalb müsse die Antragsgegnerin nach den “Grundsätzen der Störerhaftung” haften, wie es in einem Urteil des Bundesgerichtshofs mit AZ 1 ZR 121/08 festgehalten wurde.

Das Landgericht in Hamburg leitete aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs daraus ab, dass eine Störerhaftung etwas anderes als eine Täterhaftung darstellt. Zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr war in diesem Fall eine Unterlassungserklärung erforderlich, in der die genaue Verletzungsform festgehalten wurde. Die Formulierung in der eingereichten Unterlassungserklärung würde sich nicht auf den Tatbestand eines Störers beziehen. Zudem wurde angenommen, dass die Rechtsverletzung durch einen Dritten begangen wurde und die Antragsgegnerin nicht die Täterin war.

Allerdings hat die Antragsgegnerin einen adäquat-kausalen Tatbeitrag geleistet, weil sie durch ihren Internetanschluss die Voraussetzung zur Weiterleitung an andere Teilnehmer des Filesharing-Netzwerks schaffte. Somit hat die Antragsgegnerin ihre Prüfpflichten als Inhaberin des Internanschlusses verletzt. Laut Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2010 AZ 1 ZR 121/08 haftet der Inhaber eines WLAN-Netzes als Störer bei Urheberrechtsverletzungen, die durch unerlaubte Nutzung eines Dritten über sein Netz begangen werden.

Konkret ist der Besitzer eines WLAN-Netzwerks verpflichtet, im privaten Bereich den Sicherheitsstandard durch ein sicheres sowie ausreichend langes Passwort zu schützen. Der Ehemann der Antragsgegnerin teilte am Telefon dem Rechtsanwalt mit, dass er den Provider gewechselt habe, der sogleich für eine Verschlüsselung gesorgt hätte. Allerdings könne es dabei passiert sein, dass der alte WLAN-Anschluss offen war.

Deshalb konnte die Antragsstellerin annehmen, dass eine Wiederholungsgefahr der widerrechtlichen Nutzung bestehen könnte. Um die Vermutung einer Wiederholungsgefahr als Störer auszuschließen, ist deshalb eine Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich, und zwar eine unbefristete, ernsthafte, vorbehaltlose sowie hinreichend strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung.

Die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung bezog sich nur auf eine Täterschaft der Antragsgegnerin. Da die Störerhaftung hiervon zu unterscheiden ist, wurde sie von der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht erfasst. Diese gewünschte Unterlassungsverpflichtungserklärung gab die Antragsgegnerin auch nach einer Aufforderung der Antragsstellerin nicht ab.

Das Landgericht in Hamburg verurteilte die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung. Danach wurde der Antragsgegnerin verboten, es anderen Personen oder Dritten zu ermöglichen, die genannte Tonaufnahme als Datensatz durch ein Filesharing-System von ihrem Computer über ihren Internetabschluss abzurufen. Zudem trägt sie die Kosten des Verfahrens, der Streitwert wurde auf € 6000,00 festgelegt.

Fazit

Jeder, der eine Unterlassungserklärung abgegeben hat oder abgeben wird, sollte sich den Inhalt genau ansehen. In vielen Internetforen wird die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung vorgeschlagen, und zwar mit der Formulierung “der Öffentlichkeit zugänglich machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen”. Alle Inhaber eines Internetanschlusses, die solch eine Erklärung abgegeben haben und zur gleichen Zeit bestreiten eine Rechtsverletzung begangen zu haben, müssen eventuell mit einer teuren Unterlassungsklage rechnen. Mit dieser Erklärung wird eine Wiederholungsgefahr als Störer nicht ausgeräumt.

LG Hamburg, Beschluss vom 11. Januar 2013, AZ 308 O 442/12