In einem gemeinsamen Testament hatte sich ein Ehepaar zu wechselseitigen Erben bestimmt. Nach dem Tod beider Eheleute sollten mit je der Hälfte des Erbes die beiden Töchter aus der ersten Ehe des Mannes bedacht werden. Gleichzeitig war geregelt worden, dass die Berechtigung, als Schlusserbe anerkannt zu werden, dann erlischt, wenn nach dem Tod des Mannes der Pflichtteil geltend gemacht wird. Nach dem Tod des Vaters forderte eine der Töchter diesen Pflichtteil und schied so als Schlusserbe aus. Die Ehefrau des Verstorbenen setzte daraufhin ihre eigene Tochter, die nicht aus der Ehe mit dem Erblasser stammte, zur Alleinerbin ein. Nach dem Tod der Frau kam es dann zum Streit der beiden Halbschwestern um das verbliebene Erbe.
Recht bekam am Oberlandesgericht Hamm uneingeschränkt die Tochter aus der ersten Ehe des Mannes. Durch die Bestimmung der Kinder des Ehemannes zu Erben des Vermögens wurde ihnen ein Vorzug gegenüber anderen Verwandten der zweiten Ehefrau zugestanden. Eine einseitige Änderung dieser Regelung durch die Ehefrau war im Nachhinein nicht zulässig. Die leibliche Tochter des Mannes bekam deshalb vom Gericht auch den Teil des Erbes zugesprochen, der durch den Ausfall der Schlusserbenberechtigung der zweiten Tochter entstanden ist.
Urteil des OLG Hamm vom 27.11.2012
I-15 W 134/12
NJW-Spezial 2013, 104