Deutsche Sprache, schwere Sprache? Auch wenn ausländische Unternehmer so über die deutsche Sprache denken sollten, ändert es sich nichts daran, dass sie sich dieser Sprache bedienen müssen, wenn sie deutschen Verbrauchern ihre Leistungen anbieten. Zumindest müssen sie es dann, wenn sie sich selbst nicht das Recht auf Nutzung einer anderen Sprache vorbehalten haben.
Verbraucherschutzverband verklagt Airline, die nicht Deutsch reden will
Ein Verbraucher besuchte die Internetseite einer ausländischen Fluggesellschaft, die Flüge auch in Deutschland anbietet. Die Eingangsseite, auf der auch die Buchungen vorgenommen werden konnten, war dabei in deutscher Sprache abgefasst. Die, einige Wochen später von der Airline an den Verbraucher zugesandte, Buchungsbestätigung war allerdings nicht mehr in der deutschen, sondern in englischer Sprache formuliert. Daraufhin schaltete sich der Dachverband von 16 Verbraucherzentralen ein. Nachdem das vorgerichtliche Verfahren erfolglos blieb, zog der Verband vor dem Landgericht Essen, das nun in der Sache zu entscheiden hatte.
Deutsches Recht anwendbar?
Bei der Frage, ob überhaupt ein deutsches Gericht tätig werden darf und ob dabei deutsches Recht angewendet werden kann, stellte das Landgericht Essen auf den Artikel 6 der EG-Verordnung Nummer 864/2007 (auch ROM 2 genannt) ab. Dieser regelt, dass bei Rechtsstreitigkeiten das Recht des Landes einschlägig ist, "in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind". Somit gilt auch für den ausländischen Anbieter deutsches (Wettbewerbs-)Recht.
Informationspflicht der Unternehmer über die angebotenen Sprachen
Um nun ein Unterlassungsanspruch des klagenden Verbraucherschutzverbandes zu begründen, bedarf es einer unlauteren Geschäftspraxis der beklagten Fluggesellschaft. In Betracht kommt insofern der Paragraf 4 Nummer 11 UWG, wonach unlauter derjenige handelt, der "einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln". Eine solche Vorschrift, die das Interesse der Marktteilnehmer regelt, sah das Gericht in dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (kurz: EGBGB). In Artikel 246 Paragraf 3 Nummer 4 dieses Gesetzes steht, dass Unternehmer ihren Kunden im elektronischen Geschäftsbetrieb "über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen" zu informieren haben.
Wechsel der Sprache nur zulässig, wenn vorher das Recht dazu vorbehalten wurde
Und genau dies tat der Beklagte nicht: Er erwähnte auf der Eingangsseite seiner Onlinepräsenz, wo die Buchung vorgenommen werden konnte, nicht die zur Verfügung stehenden Sprachen. Der Umstand, dass der Beklagte - ohne den Hinweis, dass im weiteren Verlauf der Buchungsbestätigung nicht mehr Deutsch, sondern nur noch Englisch gesprochen wird - seine Eingangsseite allein in Deutsch abfasste, erweckte er bei Verbrauchern einen falschen Eindruck. Verbraucher gingen nämlich davon aus, dass wenn die Buchung in Deutsch möglich ist, dass dies auch im weiteren Verlauf so bleiben wird. Somit sprach das Landgericht dem Verbraucherschutzverband einen Unterlassungsanspruch zu. Allerdings ist es ausländischen Anbietern nicht grundsätzlich verboten, erst Deutsch zu sprechen, um dann in eine andere Sprache zu wechseln. Das Landgericht verlangte nur, dass Verbraucher auf diesen Wechsel der Sprache informiert werden mussten, was der Beklagte aber nicht tat.
Landgericht Essen, Urteil vom 31.5.12, Aktenzeichen 44 O 77/10