Das Internet ermöglicht es seinen Nutzern nicht alleine, schnell und umfassend auf ein erhebliches Wissen zurückzugreifen. Vielmehr bietet es ebenso die Funktion, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Etwa in den diversen Foren. Doch immer wieder kommt es zu Unklarheiten, wie die darin getätigten Äußerungen in Bezug auf strafrechtlich relevantes Verhalten zu beurteilen sind. Das Landgericht Augsburg nahm sich eines solchen Falles nun an.
Beleidigung und rechtliche Verfolgung
Im vorliegenden Verfahren ging es darum, dass in dem Online-Forum der Augsburger Allgemeinen Zeitung kontrovers über einen Artikel des Blattes diskutiert wurde, der sich mit dem Vorgehen des Augsburger Ordnungsreferenten Volker Ullrich beschäftigte. Dieser hatte angekündigt, gegen die Straßenprostitution einschreiten zu wollen. In der Folge kam es zu hitzigen Debatten, wobei auch Ullrich persönlich mehrfach scharf angegangen und sogar beleidigt wurde. Dieser erfuhr von dem regen Meinungsaustausch, sah sich in seiner Ehre verletzt und erstattete eine Anzeige. Um des Autors der entsprechenden Beiträge habhaft zu werden, erteilte das Amtsgericht Augsburg einen Beschluss zur Durchsuchung der Redaktionsräume der Zeitung sowie der Beschlagnahme der Daten der Person, die die vermeintlich beleidigenden Kommentare geschrieben hatte.
Nach langem Zögern herausgegeben
Was folgte, war ein typisches Katz-und-Maus-Spiel. Wiederholt verlangte die Polizei die Herausgabe der Daten. Ebenso oft verweigerten die Redakteure der Augsburger Allgemeinen dieses Begehr. Doch je stärker mit der Durchsuchung gedroht wurde, desto mehr sank der Widerstand der Journalisten. Sie willigten ein, gaben die Daten des Users heraus und es konnte strafrechtlich gegen diesen ermittelt werden. Die Zeitung legte gegen das Verhalten der Polizei aber Beschwerde ein. Diese wurde in der ersten Instanz vor dem Amtsgericht in Augsburg noch abgewiesen, landete in zweiter Instanz aber vor dem Landgericht. Der Spruchkörper hatte sich daher nicht nur mit der Durchsuchung selbst zu befassen, sondern ebenso die Frage zu klären, ob solche Beiträge der Meinungsfreiheit unterliegen oder sogar als Teil redaktioneller Arbeit anzusehen sind.
Strafrechtlich nicht relevant
Zunächst einmal beschloss das Gericht, dass solche Kommentare nur selten geeignet sind, tatsächlich als Beleidigung aufgefasst zu werden. In der Regel handele es sich um subjektive Äußerungen, die keine Ehrverletzung darstellen. So war es auch in diesem Falle. Die Beiträge des Users waren – wenn in ihrer Wortwahl auch sehr derbe formuliert – von der Meinungsfreiheit gedeckt. Insofern sei es bereits falsch gewesen, dass das Amtsgericht Augsburg überhaupt einen Durchsuchungsbeschluss genehmigt und die Beschlagnahme relevanter Daten erlaubt habe. Ein solches Vorgehen sei nur bei Straftaten zulässig. Darum habe es sich hier aber gerade nicht gehandelt.
Kein Teil redaktioneller Arbeit
Das Gericht folgte somit in weiten Teilen der Ansicht der Redaktion. Die Beschlagnahme war rechtswidrig. Jedoch bewerteten die Richter die Auffassung anders, auch solche Kommentare in einem Forum gehören zum Bestandteil der journalistischen Arbeit – als solche könnten die Redakteure ein Zeugnisverweigerungsrecht gebrauchen und künftigen Datenweitergaben damit vermeiden. Das konnte das Gericht aber nicht bestätigen. In Zukunft bleibt die Thematik also weiterhin brisant. Solche Beiträge können der Meinungsfreiheit entsprechen. Stellen sie sich allerdings als Straftat heraus, darf eine Herausgabe der Daten des Autors gefordert werden. Notfalls wäre dann auch die Durchsuchung der Räumlichkeit des Forenbetreibers zulässig.
LG Augsburg, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 1 Qs 151/13