Es gibt eine Reihe von Gesetzen und Vorschriften, die einen lauteren Wettbewerb vorschreiben und unlauteren Geschäftspraktiken mit Sanktionen belegen. Doch wann liegt überhaupt ein Wettbewerbsverhältnis vor, bei dem redliche Marktteilnehmer vor unredlichen geschützt werden müssen? Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht Braunschweig auseinandersetzen und merkte an: Wer Waren ausschließlich für das eine Geschlecht anbietet, steht in keinem Konkurrenzverhältnis zu einer Marktteilnehmerin, die wiederum ausschließlich Damenmode anbietet.
Kläger will wegen Impressumsverstoßes seine Anwaltskosten erstattet haben
Dem Streit über das vermeintliche Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses ging ein Impressumsverstoß durch die Beklagte voraus. Vor dem Landgericht Braunschweig klagte ein Anbieter von Herrenunterwäsche gegen eine Verkäuferin wegen diverser Verstöße gegen Informationspflichten von Verkäufern. Namentlich hatte die Beklagte, die auf derselben Plattform, auf dem auch der Kläger aktiv ist, lediglich Damen- und Kinderwäsche vertreibt, es unterlassen, ihren vollständigen Namen zu nennen sowie auf die Umsatzsteuer und auf das Widerrufsrecht von Verbrauchern hinzuweisen. Das Landgericht gab dem Kläger damals noch recht und erkannte ihm einen Anspruch auf eine Zahlung von 651,80 Euro gegen die Beklagte an. Dies begründete das Landgericht mit den Anwaltskosten des Klägers.
OLG Braunschweig: Männer kaufen und tragen keine Frauenunterwäsche!
Das Oberlandesgericht Braunschweig sah den Fall nun gänzlich anders und hob das Urteil des Landgerichts auf. Denn ehe von der Gewährung eines Anspruches des Klägers aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb die Rede sein kann, muss zunächst einmal ermittelt werden, ob ein dafür notwendiges Wettbewerbsverhältnis überhaupt vorgelegen hat. Die Meinung des Landgerichts, beide böten modische Kleidung an und seien aufgrund dieses gemeinsamen Nenners Kontrahenten, wollte das Oberlandesgericht nicht gelten lassen. Zu pauschal sei diese Ansicht, so die Richter. Der Kläger verkaufte ausschließlich Herrenunterwäsche, während die Beklagte dagegen ausschließlich Textilien für Damen und Kinder verkaufte. Kein verständiger Durchschnittsverbraucher, der nach Herrenunterwäsche beim Kläger sucht, wird "alternativ zu der von der Beklagten angebotenen Damen- oder Kinderbekleidung" greifen, stellte das Oberlandesgericht fest. Dies hätte auch dem Landgericht einfallen müssen.
Annahme künftigen Wettbewerbsverhältnisses nur bei echter Wahrscheinlichkeit
Auch den letzten Anker des Klägers wollten die Richter nicht gelten lassen. Dieser hatte nämlich behauptet, mit dem Gedanken zu spielen, künftig, ohne dabei einen ungefähren Zeitraum zu nennen, nicht nur Herrenunterwäsche, sondern auch Damentextilien anbieten zu wollen. Spätestens dann, so der Kläger, bestünde ein Wettbewerbsverhältnis mit der Beklagten. Reine Gedankenspiele sahen die Richter aber nicht für ausreichend an. Denn der alleinige Gedanke, unter Umständen neue Märkte zu erschließen zu wollen, sei nichts weiter als eine "abstrakte Eintrittsmöglichkeit" in einen Wettbewerb. Und das sei unumstritten zu wenig. Es müsste schon eine gewisse Wahrscheinlichkeit vorliegen, um von einem künftigen Konkurrenzverhältnis ausgehen zu können. Und genau dies sei vorliegend nicht ersichtlich. Im Übrigen hatte der Kläger seit der schon zehn Monaten zurückliegenden Abmahnung der Beklagten immer noch nicht sein Angebot erweitert, was die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Wettbewerbsverhältnisses noch unwahrscheinlicher macht. Damit wies das Oberlandesgericht das Ansinnen auf die Erstattung seiner Anwaltskosten durch die Beklagte zurück.
OLG Braunschweig, 27.1.2010, Aktenzeichen 2 U 225/09