Wie klein darf klein höchstens sein? Der Bundesgerichtshof wies die Klage gegen einen Supermarktbetreiber an, wonach dieser die Grundpreise auf den Preisschildern nach Ansicht des Klägers zu klein gestaltet haben soll.
Pflicht zur Grundpreisangabe
Wer in Deutschland Verbrauchern Waren anbietet, muss Preise inklusive der Mehrwertsteuer und sonstigen Preisbestandteilen angeben. Ziel des § 1 Preisangabenverordnung (PAngV) ist, die Unternehmern diese Pflicht auferlegt, ist, dass der Kunde Gewissheit haben muss, was er letztlich für die Ware bzw. Dienstleistung zahlen muss; Überraschungen in Form von versteckten Kosten sollen somit verhindert werden. Wer Kunden Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, muss darüber hinaus den Grundpreis für die Waren nennen. Wer beispielsweise einen zehn Liter großen Kanister Milch für insgesamt 5 Euro anbietet, muss neben den Preis auch den Grundpreis in Höhe von 50 Cent pro Liter nennen. Somit soll der Kunde die Möglichkeit erhalten, den Preis des Milchverkäufers mit dem zehn Liter großen Kanister mit einem anderen Milchverkäufer zu vergleichen, der zum Beispiel seine Milch lediglich in ein Liter großen Flaschen anbietet. Da hier der Grundpreis einen Vergleich erst ermöglich macht, soll der Kunden diesen zum Zwecke eines vereinfachten Preisvergleiches genannt bekommen.
Schriftgröße als Streitgegenstand
Doch wie groß muss die Schriftgröße für Grundpreisangabe sein? Wie klein darf das "Kleingedruckte" sein? Ein Verbraucherschutzverein im Sinne des § 4 Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) klagte gegen einen Ketten-Discountbetreiber, der nach seiner Ansicht den Grundpreis für die von ihm angebotenen Waren dergestalt klein angegeben hatte, dass diese nicht mehr deutlich lesbar waren. Während das Landgericht Nürnberg-Fürth der Klage stattgegeben hatte, hob sie das Berufsgericht, das Oberlandesgericht Nürnberg, wieder auf. Nun musste sich der Bundesgerichtshof als letzte Instanz mit dem Streit befassen.
Gesetzliche Regel für die Schriftgröße fehlt
Nach Ansicht der Richter fehle für die Beurteilung, ob die Grundpreisangabe des Beklagten zu klein sei, keine kodifizierte Regel. Der § 2 PAngV schreibt zwar die Pflicht vor, den Grundpreis angeben zu müssen, unterlässt es aber, Grenzen zu nennen, wie groß bzw. klein die Schrift für die Grundpreisangabe zu sein hat. Auch der § 1 Absatz 6 PAngV spricht allein davon, dass die Angaben nach dieser Verordnung "leicht erkennbar und deutlich lesbar" sein müssen, ohne klarzustellen, bis zur welcher Schriftgröße das Gebot der deutlichen Lesbarkeit noch gewahrt bleibt. Die Meinung führender Wettbewerbsrechtler geht dahin, die geforderte "deutliche Lesbarkeit" von mehreren Faktoren abhängig zu machen, wie beispielsweise von der Schriftart, der Schrift- und Hintergrundfarbe sowie von dem Abstand, ab welcher der Kunde mit durchschnittlicher Sehkraft die Schrift noch erkennen kann. Da die beiden ersten Aspekte vorliegend nicht zu beanstanden waren, kam es allein auf den Abstand an. Nach Meinung der Richter sei im vorliegenden Fall dem Kunden zuzumuten, sich das Preisschild aus einem näheren Abstand - vorliegend aus 50 cm - anzuschauen. Aus einem solchen Abstand wäre die Grundpreisangabe unstreitig für jeden Kunden mit durchschnittlicher Sehkraft deutlich und einfach zu erkennen. Die Klage des Verbraucherschutzvereins war somit abzuweisen; mit der Grundpreisangabe verstoß der Supermarktbetreiber nicht gegen die Preisangabenverordnung.
BGH, Urteil vom 7.3.13, Az. BGH, I ZR 30/12