Rechtsanwalt Frank Weiß

73728, Esslingen
Rechtsgebiete
IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht Gewerblicher Rechtsschutz
12.12.2012

Aufsetzen auf Amazon Angebote

Das Einfügen eines Markennamens in eine Amazon-Produktbeschreibung und die anschließende Abmahnung von Mitbewerbern sind rechtsmissbräuchlich, wenn die Mitbewerber, die die Artikelbeschreibung mitbenutzen, nicht zuvor informiert wurden. Dem Wunsch eines Klägers nach Erstattung der Abmahnkosten in einem solchen Fall hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main eine Abfuhr erteilt.

Gegenstand des Verfahrens war eine Auseinandersetzung über die Nutzung einer Produktbeschreibung auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon. Nachdem die Produktbeschreibung etwa eineinhalb Jahre lang von mehreren Anbietern für den Vertrieb ihrer Sonnenbrillen benutzt worden war, hatte der Kläger diese Produktbeschreibung durch Hinzufügung der von ihm geschützten Marke "Alpland" abgeändert. Zwei Wochen später mahnte der "Alpland"-Markeninhaber seinen Mitbewerber wegen der Verletzung seines Kennzeichenrechts ab. In dem jetzt vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt verhandelten Verfahren beantragte der Kläger, seinen Mitbewerber zur Zahlung von Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten zu verurteilen. Die Frankfurter Richter jedoch machten dem Kläger einen Strich durch die Rechnung.

Das Gericht stellte zwar fest, dass im Gegensatz zur Auffassung der vorangegangenen Instanz durchaus der objektive Tatbestand einer Markenverletzung durch den Beklagten vorlag, und auch einen Unterlassungsanspruch seitens des Klägers bejahten die Richter. Dennoch wies das Gericht die Forderung des Klägers nach Schadensersatz und Übernahme der Abmahnkosten zurück, weil sie in dem Vorgehen des Klägers ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sahen. Damit folgten sie der Argumentation des Beklagten. Durch die eigenmächtige Veränderung der Artikelbeschreibung im Warenkatalog der Verkaufsplattform habe der "Alpland"-Markeninhaber die Markenverletzung durch den Beklagten bewusst provoziert. Zudem habe der Kläger es unterlassen, seine Mitbewerber darüber zu informieren, dass er die Produktbeschreibung durch das Einfügen seiner Marke verändert hatte. Das aber hätte er im Rahmen eines redlichen Vorgehens tun müssen, da die Mitbewerber die Artikelbeschreibung schon längere Zeit nutzten und der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass die Veränderung der Produktbeschreibung den Mitbewerbern auffallen musste. Schließlich wäre es dem klagenden Unternehmen ohne Weiteres möglich gewesen, eine neue sogenannte ASIN (ASIN = "Amazon Standard Identification Number") zu wählen und sich auf diese Art gegen drohende Markenrechtsverletzungen zu wappnen.

Auf der Online-Verkaufsplattform Amazon ist es durchaus üblich, dass sich mehrere Händler an eine unter einer ASIN bestehende Produktbeschreibung "anhängen". Problematisch werden solche Verfahrensweisen immer dann, wenn Markeninhaber unter einer registrierten Marke ihre Produkte anbieten und dann feststellen müssen, dass Konkurrenten unter Verwendung der Amazon-Artikelbeschreibung und damit auch der mit der Beschreibung verbundenen Marke ihre eigenen No-Name-Produkte oder Produkte anderer Marken verkaufen. Ein solches Verhalten der Mitbewerber stellt in aller Regel eine Markenrechtsverletzung dar und kann entsprechend geahndet werden. Anders in diesem Fall, in dem die Frankfurter Richter klargestellt haben, dass die Abänderung der Produktbeschreibung bei Amazon und die unmittelbar darauf folgende Abmahnung eines Mitbewerbers einen Rechtsmissbrauch darstellt, der weder Schadensersatzansprüche noch die Übernahme von Abmahnkosten rechtfertigt.

Auch wenn die Richter in ihrer Urteilsbegründung darauf hinweisen, dass der Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil sie auf einer einzelfallbezogenen Bewertung der Umstände beruht, dürfte das Urteil dennoch als richtungsweisend betrachtet werden. Das OLG Frankfurt unterscheidet sehr deutlich zwischen dem eigentlichen Tatbestand einer Markenrechtsverletzung durch den Beklagten und dessen Ursache, die in diesem Fall nach Auffassung der Richter das gezielte "in die Falle laufen lassen" durch den Kläger war. Die Entscheidung lässt daher kaum einen Zweifel daran, was die Richter von Versuchen halten, mithilfe von Rechtsmissbrauch eine Situation zu schaffen, die es ermöglicht, Abmahnkosten und Schadensersatz geltend zu machen.

Das Urteil erging am 27.10.2011 unter dem Aktenzeichen Az. 6 U 179/10.