Wann verfällt ein Gutschein? Ein Kölner AG erklärt Verjährungsfristverkürzungen bei Gutscheinen auf ein Jahr für nichtig und folgt damit der bisherigen Rechtsprechung.
Verjährungen: Wenn Forderungen "verfaulen"
Wird ein Vertrag geschlossen, entstehen Rechte und Pflichten. Der Gläubiger eines Anspruches erhält das Recht, von seinem Vertragspartner, dem Schuldner, die vereinbarte Leistung zu verlangen. Allerdings können Forderungen, das sind schuldrechtliche Ansprüche, nicht ewig erfolgreich geltend gemacht werden. Denn nach Verstreichen einer Frist, deren Dauer sich nach der jeweiligen Art der Forderung bestimmt, kann der Schuldner die Leistung verweigern; der Ruf des Gläubigers nach Erfüllung der Schuld geht damit ins Leere. Diese Frist wird als Verjährungsfrist bezeichnet, nach deren Verstreichen der Schuldner das Recht auf Leistungsverweigerung erhält. Bis 2002 lag die regelmäßige Dauer bei 30 Jahren, nach deren Verstreichen die Verjährung eintrat. Das hat sich mit der Schuldrechtsmodernisierung drastisch geändert: Seither verjähren Forderungen gemäß § 195 BGB für gewöhnlich bereits nach drei Jahren. Doch offensichtlich ist einigen Schuldnern selbst diese stark reduzierte Verjährungsfrist immer noch nicht kurz genug. Ein Kölner Amtsgericht hatte jüngst zu entscheiden, ob die Verkürzung der Verjährungsfrist auf nur ein Jahr zulässig ist.
Verkürzungen verstoßen gegen "Grundgedanken" des BGB
Hintergrund des Rechtsstreits war, dass der Kläger einen Gutschein für eine Reinigung über ein Portal erworben hatte und nun einlösen wollte. Der Beklagte dagegen führte gleich zwei Gründe auf, warum er nicht leisten müsse. Erstens sei der auf ein Jahr befristete Gutschein ungültig geworden, sprich, die auf ihr basierende Forderung sei somit verjährt. Weil das Jahr nach Leseart des Beklagten bereits verstrichen sei, müsse er auch nicht mehr leisten, argumentierte der Beklagte. Das Amtsgericht allerdings war in dieser Hinsicht anderer Meinung. Da der Vertrag auf AGB basiert, gelten die besonderen Anforderungen des AGB-Rechts. In § 307 BGB steht geschrieben, dass eine Klausel (vorliegend die Verkürzung der Verjährungsfrist) nichtig sei, wenn sie den Vertragspartner des AGB-Verwenders (vorliegend den Kläger) unangemessen benachteiligt. Eine Benachteiligung liegt nach Ansicht des § 307 vor, wenn die Klausel dem Grundgedanken des BGB widerspricht. § 195 BGB geht von einer Regelverjährungsfrist von drei Jahren aus; eine Verkürzung um zwei Drittel widerspricht eben diesem Grundgedanken, erklärten die Richter. Aus diesem Grund sei die Klausel nichtig mit der Konsequenz, dass die Regelverjährungsfrist greife. Und nach dieser Bestimmung ist die Forderung aus dem Gutschein noch nicht verjährt.
Wenn der eine darf, darf es der andere auch
Der Beklagte führte nun ein zweites Argument an, um doch nicht leisten zu müssen. Er stützte sich dabei auf die AGB des Portals, über das der Kläger den Gutschein erworben hatte. Dort heißt es, die Reinigung von Büroreinigungen dürfen nicht angeboten werden, sondern nur Reinigungen in Privaträumen. Das Gericht folgte nicht dem doppelten Maßstab des Beklagten. Denn es erscheine paradox, wenn der Beklagte sich selbst über die Portal-AGB hinwegsetzt und trotz Verbots ausdrücklich auch die Reinigung Büroreinigungen anbietet, andererseits sich aber auf eben dieses Verbot stützt, um es zulasten des Klägers zu nutzen. Wenn der Beklagte "selbst und zuerst rechtswidrig" handelt, dann müsse er denselben Verstoß des anderen gegen sich gelten lassen, urteilte das Gericht.
AG Köln, Urteil vom 04.05.2012, Az. 118 C 48/12