Rechtsanwalt Frank Weiß

73728, Esslingen
Rechtsgebiete
IT-Recht Urheberrecht und Medienrecht Gewerblicher Rechtsschutz
28.05.2013

"Online Scheidung spart Zeit, Nerven und Geld" keine unerlaubte Werbung

Ist das Versprechen, dass eine "Online Scheidung" günstiger, schneller und nervenschonender ist, reine Geldmacherei und damit für die Zunft der Rechtsanwälte unzulässig? Nein, sagt das Oberlandesgericht, und weist die Klage einer Rechtsanwaltskammer ab, die ein Unterlassen von dem werbenden Anwalt forderte.

Beschränkte Werbemöglichkeiten für Rechtsanwälte

Je größer ein Markt ist, desto lauter müssen die einzelnen Anbieter für ihre Leistungen werben. Andernfalls gehen sie buchstäblich in der großen Masse der Anbieter unter. Doch in einigen Bereichen gelten besondere Regeln: Einigen Zünften ist es verboten, zu "marktschreierisch" für ihre Leistungen zu werben. Der Hintergrund solcher Vorschriften ist, das hohe Ansehen der Zunft und das damit verbundene Vertrauen der Gesellschaft nicht durch "zu" intensive Werbung beeinträchtigen zu lassen. Über die Frage, ob ein solcher Fall "marktschreierischer" Werbung vorliegt, musste das Oberlandesgericht Hamm entscheiden. Dabei ging es um einen Rechtsanwalt, der auf einer Internetseite auf seine Leistungen im Bereich des Familienrechts aufmerksam machte. Unter anderem schrieb er, dass eine "Online Scheidung" nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Nerven sparen würde. Die Rechtsanwaltskammer aus Hamm klagte nun gegen den werbenden Anwalt. 

Falsche Versprechen bei einer "Online Scheidung"?

Die Rechtsanwaltskammer vertrat die Ansicht, die Werbeaussagen des Beklagten seien nicht nur fachlich falsch, sondern verstoßen auch noch gegen das Sachlichkeitsgebot, das insbesondere für Rechtsanwälte gelte. Sie verwies dabei auf den Paragrafen 43 b der Bundesrechtsanwaltsordnung. Dort steht, dass die Werbung eines Rechtsanwaltes sachlich zu sein hat. Somit scheiden Werbeaussagen aus, die unwahr sind oder allein darauf ausgerichtet sind, aggressiv neue Aufträge erteilt zu bekommen. Einen solchen Fall sieht die Rechtsanwaltskammer nun bei dem Beklagten. Dieser Meinung schlossen sich aber die Richter am Oberlandesgericht Hamm nicht an. Im Gegenteil: Sie wiesen die Klage der Anwaltsvertretung ab. 

Oberlandesgericht Hamm: An der Werbung des Beklagten ist nicht auszusetzen

Für die genauere Beurteilung, aus welcher Perspektive die Werbung zu betrachten ist, legten die Richter den Maßstab eines durchschnittlichen Verbrauchers an. Denn an genau diesem ist die Werbung gerichtet, deshalb kann es auch nur richtig sein, seine Perspektive als die entscheidende anzusehen. In der vor dem Gericht angegriffenen Werbung erklärt der Beklagte, eine "Online Scheidung" sei günstiger, nervenschonender und zeitsparender. Zeit spart der Verbraucher allein schon deshalb, weil durch die Onlinekontaktaufnahme ein Termin für einen Kanzleibesuch entfallen kann. Auch das Versprechen des günstigeren Preises lässt das Gericht richtig gelten. Denn bei unstreitigen Scheidungsfällen fällt der Streitwert des Falles für gewöhnlich niedriger aus. Selbst ein durchschnittlich informierter Verbraucher wisse, so die Urteilsbegründung, dass je geringer der Streitwert ausfalle, desto geringer die mit dem Prozess verbundenen Anwaltskosten sind. Schließlich ist auch der Aspekt nicht zu beanstanden, dass eine "Online Scheidung" Nerven sparen würde. Gerade in der nervenaufreibenden Zeit einer Scheidung kann ein Besuch in den Kanzleiräumen eines Anwalts zusätzliche psychische Belastungen darstellen. Die Behauptungen des werbenden Beklagten sind somit nicht zu beanstanden und die Klage der Rechtsanwaltskammer abzuweisen.

Oberlandesgerichts Hamm, Urteil vom 7.3.2013, Aktenzeichen 4 U 162/12