Rechtsanwalt Christopher von Preuschen

Rechtsgebiete
Familienrecht Arbeitsrecht Verkehrsrecht
13.12.2019

Verfristung, wann geht eine Kündigung zu?

Zugang mit Einwurf?

Oft wirft der Arbeitgeber eine Kündigung seines Arbeitnehmers persönlich in dessen Briefkasten. Dies geschieht oft, um sicherzustellen, dass die Kündigung auch wirklich zugestellt wird. So einfach wie man denkt, ist die ganze Sache jedoch nicht. Was ist z.B., wenn der Brief spät am Nachmittag eingeworfen wurde, nachdem die reguläre Post bereits eingeworfen wurde. Muss der Arbeitnehmer dann an diesem Tag überhaupt noch mit der Kündigung rechnen?

Einwurf zur Mittagszeit

Im zu entscheidenden Fall hatte ein Arbeitgeber die fristlose Kündigung am Freitag, dem 27.1.2017 um 13:25 Uhr in den Briekasten des Arbeitnehmers einwerfen lassen. Dieser wohnte in Frankreich, nahe der deutschen Grenze. Am Montag, den 20.02.2017 legte dieser Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht ein.

Wäre die Kündigung bereits am Freitag, den 27.1.2017 zugegangen, wäre die Kündigungsschutzklage verfristet und daher unzulässig. Schließlich muss bei Kündigungen die Frist von drei Wochen ab Zugang eingehalten werden.

Verfristung der Klage?

Es war deshalb von entscheidender Bedeutung, ob die Kündigung am Freitag (Klage verfristet) oder erst am Samstag (Klage noch rechtzeitig) eingegangen ist.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Sie waren der Ansicht, die fristlose Kündigung sei bereits am Freitag zugegangen. Damit sei die Kündigungsschutzklage verfristet und unzulässig.

Wichtig ist die Verkehrsüblichkeit

Das Landesarbeitsgericht (LAG) begründete seine Ansicht u.a. damit, es könne nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit einer Entleerung des Briefkastens bis 17 Uhr gerechnet werden. Schließlich kehren um diese Zeit die meisten Arbeitnehmer von ihrer Arbeit zurück.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah dies anders. Entscheidend sei, wann die Kündigung in die Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt und er unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit hat hiervon Kenntnis zu nehmen. Dies richte sich nach der Verkehrsanschauung, wann mit der nächsten Leerung zu rechnen sei. Es kommt auf die ortsüblichen Zustellungszeiten an, die von Ort zu Ort stark unterschiedlich sein können.

Das BAG bemängelte, dass das LAG hierbei eine Vielzahl an Aspekten nicht beachtet habe:

– Der Kläger wohne nicht in Deutschland, sondern Frankreich. Entscheidend sei damit nur die Verkehransschauung in der entsprechenden Region
– Nicht alle Menschen arbeiten in der Kernarbeitszeit. Viele arbeiten in Teilzeit oder in flexiblen Arbeitszeitmodellen.
– Dem Kläger sei fristlos gekündigt worden. Aus diesem Grund gehöre er nicht zu der Gruppe der Erwerbstätigen.
– Viele Erwerbstätige wohnen mit Mitbewohnern zusammen, die den Briefkasten bereits dessen vor Rückkehr leeren können.

Entsprechend sei es völlig willkürlich gewesen, darauf abzustellen, der Einwurf um 13:25 sei rechtzeitig gewesen.

Entsprechend wurde der Fall an das LAG zurückverwiesen.

Wer muss was beweisen?

Wichtig: Das BAG stellte klar, dass der Beklagten die Beweispflicht zukommt. Diese muss beweisen, dass das Schreiben nach der entsprechenden Verkehrsanschauung bereits am Freitag zugestellt wurde. Kann sie dies nicht beweisen, ist die Kündigungsschutzklage nicht verfristet und zulässig.

BAG vom 22.08.2019, 2 AZR 111/19

Es zeigt sich, dass der Teufel im Detail steckt. Sowohl bei der Kündigung als auch bei der Kündigungsschutzklage darf nichts dem Zufall überlassen werden. Mit unserer jahrelangen Erfahrung als Fachanwalt für Arbeitsrecht stellen wir sicher, dass hier keine unangenehmen Überraschungen auftauchen.

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