Rechtsanwalt Christopher von Preuschen

Rechtsgebiete
Familienrecht Arbeitsrecht Verkehrsrecht
26.01.2015

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte rügt überlange Umgangsverfahren in Deutschland

Geklagt hatte der Vater eines im Jahr 2003 geborenen unehelichen Kindes, dessen Mutter von Anfang an gezielt Umgangskontakte verhinderte. Der Vater klagte ab 2005 auf Gewährung von Umgang mit seinem Sohn. Obwohl sich der Vater 2010 anschließend (begrenzte) Besuchsrechte erstreiten konnte, verhinderte die Kindesmutter insgesamt sechs Kontakte. Strafgeldanträge im Jahr 2011 blieben weitgehend erfolglos auch wurde das Verfahren äußerst schleppend und zog sich immer mehr in die Länge. Der Vater hatte so keine Chance, seinen Sohn in dieser Zeit aufwachsen zu sehen.
Nach Ansicht des EGMR stellte dieses überlange Verfahren eine Verletzung von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und eine Verletzung von Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 8 EMRK (Recht auf wirksame Beschwerde) fest. Dem Kindesvater wurde nach Artikel 41 EMRK eine Entschädigung von 15.000,00 € zugesprochen.
Gerügt wurde, dass das deutsche Recht keine ausreichenden Rechtsmittel vorsieht, um sich gegen überlange Umgangsverfahren zur Wehr zu setzen. Auch seien die Zwangsmittel in keiner Weise ausreichend, um eine Umgangsregelung effektiv durchzusetzen. So sei im vorliegenden Fall das letztlich verhängte Strafgeld von 300,00 € viel zu wenig, um die Kindesmutter zum Nachgeben zu bewegen, zumal bis zu 25.000,00 € hätten angeordnet werden können.
Die Entscheidung des EGMR ist noch nicht rechtskräftig. Sollte dies der Fall werden, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf die deutsche Gesetzgebung. So vermisst der EGMR desweiteren eine Untätigkeitsbeschwerde, mit der ein Antragsteller sich an die nächste Instanz wenden kann, wenn eine Angelegenheit zu lange dauert. Der nationale Gesetzgeber kennt bislang keinen solchen Rechtsbehelf und müsste ihn dann – zumindest für Familiensachen – einführen.