Wie der Bundesfinanzhof (BFH) geurteilt hat, muss derjenige, der eine Immobilie vor weniger als zehn Jahren entgeltlich erworben und seitdem zu eigenen Zwecken bewohnt hat, auch dann seinen Veräußerungsgewinn nicht versteuern, wenn er die Immobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet hatte.
Finanzamt geht von Steuerpflicht aus
Bis zum BFH war die Klage eines Immobilieneigentümers gegen die Entscheidung des zuständigen Finanzamtes gelangt. Der Mann hatte seine Eigentumswohnung 2006 gekauft und hatte diese bis zum April 2014 durchgehend zu eigenen Zwecken bewohnt. In der Zeit vom Mai 2014 bis zum letztendlichen Verkauf der Immobilie im Dezember 2014 wurde die Wohnung vermietet. Nach dem Verkauf ermittelte nun das zuständige Finanzamt aus der Veräußerung einen steuerpflichtigen Gewinn. Doch warum ging das Finanzamt von einem steuerbaren Veräußerungsgeschäft aus?
Nach dem Einkommensteuergesetz unterfallen private Veräußerungsgeschäfte einer Steuerpflicht. Zu den einkommensteuerbaren sonstigen Einkünften zählen damit auch solche aus der Veräußerung von Wohnimmobilien, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Diese Voraussetzung sah das Finanzamt vorliegend als gegeben an. Daher kam das Finanzamt zu dem Schluss, dass der Gewinn aus dem Veräußerungsgeschäft ein besteuerbares Einkommen darstelle.
BFH: Vermietung unschädlich
Der BFH hatte nun zu entscheiden, ob vorliegend tatsächlich ein steuerbares Veräußerungsgeschäft vorgelegen hatte.
Das Gericht sah dies im Ergebnis aber anders, als noch das Finanzamt. Die Richter verwiesen auf eine Ausnahmevorschrift nach dem Einkommensteuergesetz. Da der Kläger die Wohnung in den beiden Jahren vor der Veräußerung und im Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe, seien die Voraussetzung einer Ausnahmevorschrift aus dem Einkommensteuergesetz erfüllt.
Danach sind von einer Besteuerung ausgenommen Wohnungen, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sind. Dies sei vorliegend der Fall – die „Zwischenvermietung“ im Jahr 2014 sei dagegen unschädlich.
Kläger unterfällt Ausnahmevorschrift
Der BFH stellt für das Eingreifen der Ausnahmevorschrift auf eine zusammenhängende Nutzung ab. Die Steuerfreiheit trete nach der gesetzlichen Regelung schon dann ein, wenn vor der Veräußerung eine zusammenhängende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken von einem Jahr und zwei Tagen vorliegt. Nach dem BFH müsse sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken, während die Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag umfassen brauche.
Daher ist nach Ansicht des Gerichtes auch die teilweise Fremdnutzung der Immobilie im Veräußerungsjahr unschädlich. Die Fremdnutzung stehe nicht entgegen, da insgesamt der erforderliche Umfang der Wohnnutzung in der Zeit vor der Veräußerung eingehalten worden war. Damit könne hier von der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns angesehen werden, so das letztendliche Urteil des BFH (Urteil v. 03.09.2019; Az.: IX R 10/19).
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