Nach Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BGH) vom 01.02.2017 kann ein gleichberechtigtes Umgangsrecht beider Eltern auch dann angeordnet werden, wenn kein beiderseitiges Einverständnis dafür vorliegt. Alleiniger Maßstab bei der Wahl eines Betreuungsmodells sei das Kindeswohl.
„Wochenend-Papa“ klagt auf gleichberechtigtes Umgangsrecht
In dem zugrundeliegenden Verfahren begehrte ein sorgeberechtigter Vater einen verstärkten Umgang mit seinem 2003 geborenen Sohn. Nach der Scheidung der Eltern konnte dieser sein Kind nur alle 14 Tage am Wochenende betreuen. Nun wollte der Vater ein hälftiges Umgangsrecht einklagen – danach sollte der Sohn abwechselnd eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche bei seinem Vater verbringen.
Ein solches sogenanntes paritätisches Wechselmodell hielten die Richter in der Vorinstanz am Oberlandesgericht für unvereinbar mit den gesetzlichen Grundlagen. Der BGH hat nun diese Einschätzung für fehlerhaft erklärt.
Wechselmodell ist gesetzlich vorgesehen
Die Richter am BGH betonten, dass zwar eine überwiegende Betreuung durch die Mutter und nur eingeschränkte Betreuungszeit für den Vater ein weiterverbreitetes Modell darstellt, damit aber keineswegs ein paritätisches Wechselmodell gesetzlich ausgeschlossen sei.
Gerade bei einem gemeinsamen Sorgerecht beider Eltern sei ein gleichberechtigtes Umgangsrecht von der gesetzlichen Regelung umfasst. Jedes Kind habe grundsätzlich ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil.
Mit diesem Hinweis hat der BGH den Beschuss des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die zuständigen Richter zurückgewiesen.
Kindeswohl als Bewertungsmaßstab
Jede Entscheidung müsse aber anhand einzelner Umstände und stets im Lichte des Kindeswohls getroffen werden.
Ein hälftiges Umgangsrecht komme nur dann in Frage, wenn es unter Abwägung mit anderen Umgangsformen das für das Kind beste Umgangsmodell ist. Besonders zu bedenken sei dabei, dass ein solches Betreuungsmodell ein hohes Maß an Kommunikation und Organisation der Eltern abverlangt. Außerdem müsse sich das Kind problemlos auf zwei unterschiedliche Lebensmittelpunkte einstellen können. Liegen die Voraussetzungen aber vor, dann steht dem paritätischen Wechselmodell nichts entgegen.
Oberlandesgericht muss nachbessern
Die Richter am Oberlandesgericht hingegen gingen von einer generellen Unvereinbarkeit mit dem Gesetz aus. Daher hatten sie bisher auch eine Anhörung des Kindes unterlassen. Aber gerade mit zunehmendem Alter des Kindes sollte auf dessen Wünsche im besonderen Maße eingegangen werden. Die Richter haben nun aufgrund der Zurückweisung Gelegenheit, den Sohn beider Parteien zur Ausformung eines möglichen Umgangsrechts selbst zu befragen.
Vor dem Hintergrund der uneinheitlichen Entscheidungen verschiedener Gerichte, dürfte er BGH mit seiner Entscheidung nun Klarheit in der Frage der Umgangsformen geschaffen haben.
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