Rechtsanwalt Bernfried Rose

20354, Hamburg
Rechtsgebiete
Erbrecht Mediation
24.03.2015

Erbenhaftung - Anwendbarkeit des italienischen Erbrechts

Rechtsanwälte für Erbrecht, Nachlassrichter und Notare müssen immer häufiger deutsch-italienische Erbfälle bearbeiten und dabei italienisches Erbrecht anwenden. Eine wichtige Frage im Vorfeld ist stets die nach dem Erbstatut.

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung zu dem für die Erbenhaftung entscheidenden Erbstatut bei deutsch-italienischen Erbfällen Stellung genommen. In dem Urteil ging es um den Erbfall eines Italieners mit ständigem Wohnsitz in Deutschland. Er hinterließ zwei in Italien lebende Töchter. Da es kein Testament gab, waren die Töchter gesetzliche Erben. Sie nahmen die Erbschaft unter Vorbehalt der Inventarerrichtung an. Daraufhin übertrug eine der Erbinnen ihren Erbteil auf ihre Schwester. Der Erblasser war ursprünglich Miteigentümer einer Immobilie. Seinen Anteil verkaufte er an den anderen Miteigentümer. Der Käufer sollte in Anrechnung auf den Kaufpreis mehrere Buchgrundschulden und damit gesicherten Verbindlichkeiten übernehmen. Diesbezüglich unterwarf er sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Nach dem Erbfall ging nun die Erbin gegen den Käufer der Immobilie vor, weil sich ihrer Ansicht nach aus dem Kaufvertrag ein zusätzlicher Zahlungsanspruch in Höhe der Hälfte der vom Kläger übernommenen Darlehensverbindlichkeiten ergibt, weil der Erblasser und der Käufer gemeinsam Darlehensschuldner gewesen seien und im Innenverhältnis jeweils hälftig hafteten.

Deutsch-italienischer Erbstreit wegen vermeintlicher Verbindlichkeiten aus altem Kaufvertrag

Der Käufer wehrte sich gegen die Vollstreckung. Über das Berufungsgericht landete die Sache beim BGH. Dieser hält deutsche Gerichte für zuständig und zwar auch für die Entscheidung über die Klage auf Herausgabe des Vollstreckungstitels. Auch – so der BGH – war die Erbin die richtige Beklagte. Insbesondere hätte die Klage nicht deshalb, weil die Beklagte die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung angenommen habe, gegen sie als Verwalterin des Nachlasses erhoben werden müssen. Der BGH rügt jedoch, dass dem Umstand, dass die Beklagte die Erbschaft mit dem Vorbehalt der Inventarhaftung angenommen habe, keine Bedeutung beigemessen wurde. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits hätte der Beklagten daher zumindest die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten bleiben müssen.

Erbstatut: deutsches oder italienisches Erbrecht?

Nach deutschem Recht muss der Erbe die Kosten eigener Prozessführung selbst tragen. Die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung hat er nicht. Diese Frage richtet sich jedoch nach dem jeweils einschlägigen Erbstatut. Hier komme entsprechend italienisches Erbrecht zur Anwendung. Nach den Kollisionsnormen des deutschen internationalen Privatrechts (IPR) unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Auch das italienische IPR knüpft an die Staatsangehörigkeit an und erfasst alle mit der Erbschaft im Zusammenhang stehenden Fragen – einschließlich der Haftung der Erben für Nachlassverbindlichkeiten. Die Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) hinsichtlich der Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass sind auf die Annahme der Erbschaft mit Vorbehalt der Inventarerrichtung nach italienischem Erbrecht entsprechend anzuwenden. Nach italienischem Erbrecht hat der Erbe zum einen die Möglichkeit, die Erbschaft vorbehaltlos anzunehmen, was die Verschmelzung des ererbten mit dem eigenen Vermögen herbeiführt und die Haftung für Erblasserschulden und Vermächtnisse mit dem gesamten Vermögen in voller Höhe nach sich zieht. Der Berufene – so der BGH – kann die Annahme der Erbschaft aber auch mit dem Vorbehalt der Inventarerrichtung erklären.

Alles anders - das bringt die EU-Erbrechtsverordnung


Das internationale Privatrecht definiert sich derzeit auf dem Gebiet des Erbrechts neu. Für Erbfälle ab dem 17. August 2015 gilt die EU-Erbrechtsverordnung. Mit ihr kommt ein einheitliches Erbstatut für alle teilnehmenden europäischen Länder. Entscheidend ist dann nur noch der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers. Staatsangehörigkeit oder Belegenheit von Immobilien interessieren dann nicht mehr. Im vorliegenden Fall wäre man dann nicht mehr zur Anwendbarkeit des italienischen Erbrechts gekommen, da der italienische Erblasser seinen Wohnsitz ja in Deutschland hatte. Für die Beratungspraxis von deutschen und italienischen Rechtsanwälten heißt dies umdenken und neue Möglichkeiten erkennen. Dies gilt für allem für die Testamentserrichtung und die Möglichkeiten einer Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts.

Weitere Informationen zum italienischen Erbrecht von meinem Kollegen und italienischem Rechtsanwalt Dottore Francesco Senatore finden Sie hier:

http://www.rosepartner.de/rechtsberatung/italienisches-recht.html

http://www.rosepartner.de/rechtsberatung/erbrecht-nachfolge/erbrecht-erbschaft-testament/italienisches-erbrecht-erbschaft-in-italien-abwicklung-und-gestaltung.html