Nachdem sich bereits der EuGH auf die Seiten des gekündigten Chefarztes stellte, hat nun auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) eindeutig Stellung bezogen. Die Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen einer Wiederheirat ist nicht wirksam. Der Arzt habe damit nicht gegen eine wirksam vereinbarte Loyalitätspflicht verstoßen.
Katholisches Krankenhaus kündigt wegen Wiederheirat
Ausgangspunkt der Entscheidung war der lange Kampf eines Arztes gegen seine Kündigung. Dieser war nach der Eingehung seiner zweiten Ehe von seinem Arbeitgeber, einem katholischen Krankenhaus, gekündigt worden. Im Arbeitsvertag hatten beide Parteien noch vereinbart, dass es sich beim Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe um einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß gegenüber dem Arbeitgeber handelt, der eine Kündigung von Seiten des Krankenhauses rechtfertige. Darauf stützte das Krankenhaus dann auch die ordentliche Kündigung des Chefarztes: Er habe durch seine Wiederheirat gegen seine „dienstvertragliche Loyalitätsobliegenheit“ verstoßen. Der Chefarzt dagegen fühlte sich durch seine Kündigung gegenüber seinen Kollegen ungleich behandelt.
EuGH stellt Diskriminierung fest
Im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahren landete das nunmehr beim BAG verhandelte Verfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser hatte zu entscheiden, ob die Kündigung insbesondere gegen die europäische Gleichbehandlungsrichtlinie verstößt. Der Arbeitnehmer hatte nämlich angeführt, dass die Wiederheirat eines evangelischen oder konfessionslosen Arztes in demselben Krankenhaus keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge gehabt hätte. Daher fühlte er sich wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert.
Der EuGH bestätigte in seinem Urteil vom 11.09.2018 (Az.: C-68/17) in dem vorliegenden Fall einen Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie. Zudem handele es sich bei dem katholischen Eheversprechen nicht um eine wesentliche Eigenschaft für die Tätigkeit eines Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus.
Ungerechtfertigte Ungleichbehandlung - BAG erklärt Kündigung für unwirksam
Auch das BAG folgt nun in seiner endgültigen Entscheidung der Stellungnahme des EuGH (Urteil v. 20.02.2019, Az.: 2 AZR 746/14).
Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Loyalitätsvereinbarung könne schon deswegen nicht wirksam sein, weil eine dadurch entstehende Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer nur dann gerechtfertigt sei, wenn sie auf Grundlage der besondere Tätigkeit oder Stellung des Arbeitnehmers zu begründen sei. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall, da das katholische Eheversprechen keine für die Tätigkeit als Chefarzt wesentliche Eigenschaft darstellt, sodass der Chefarzt aufgrund seiner Religion gegenüber seinen Kollegen ungerechtfertigt benachteiligt werde. Die im Arbeitsvertrag geschlossene Vereinbarung verstoße daher gegen das arbeitsrechtliche Benachteiligungsverbot, soweit dadurch das Leben in einer kirchlich ungültiger Ehe als schwerwiegender Loyalitätsverstoß bestimmt sei.
Insgesamt sei die Kündigung daher nicht wirksam gewesen und die Kündigungsschutzklage des Chefarztes daher begründet.
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