Wie sind die europäischen Vorgaben zur vollständigen Erfassung der Arbeitszeit von Beschäftigten in Deutschland umzusetzen? Diese Frage stellt sich für den Gesetzgeber nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes(EuGH). Arbeitgeber-Vertreter sehen dagegen eine gesetzliche Pflicht, jede Arbeitsstunde von Arbeitnehmern zu erfassen, kritisch.
EuGH gibt rechtlichen Rahmen vor
Dass eine detaillierte Arbeitszeiterfassung für Beschäftigte vorliegen muss, hatte vergangenes Jahr der EuGH festgelegt. Was bisher bereits für Überstunden galt, muss künftig für die gesamte Arbeitszeit eines Arbeitnehmers gewährleistet werden. Die Entscheidung des EuGH vom 14.05.2019 besagt im Kern, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Arbeitgeber verpflichten müssen, die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer systematisch zu erfassen. Arbeitgeber sollen daher ein objektives, verlässliches und zugängliches System einrichten, um die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit zu erfassen. Nur so könne kontrolliert und durchgesetzt werden, dass die Arbeitszeitregeln eingehalten und der bezweckte Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleistet wird, so der EuGH (Az.: C-55/18).
Wie diese Vorgabe konkret umgesetzt und ausgestaltet werden soll, ist nun Sache der Mitgliedstaaten. Für eine künftige deutsche Regelung im Arbeitsrecht bestehen bereits verschiedene Gesetzesentwürfe.
Braucht es eine Neuregelung?
Zur Diskussion stehen derzeit ein Gesetzentwurf zur Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes der AfD (BT-Drs. 19/1841) sowie ein Antrag der Linken (BT-Drs. 19/17134) und ein Antrag der Grünen (BT-Drs. 19/20585).
Der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zielt darauf ab, die Unterscheidung zwischen Befristungen mit und ohne Sachgrund aufzuheben und durch eine generelle Regelung zu ersetzen, die eine befristete Anstellung für maximal 24 Monate erlaubt. Die Linke dagegen will das bestehende Arbeitszeitgesetz ergänzen. Arbeitgeber sollen verpflichtet sein, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit taggenau aufzuzeichnen. Der Antrag der Grünen sieht zudem vor, dass den Arbeitnehmern mehr Einfluss auf Dauer, Lage und Ort ihrer Arbeit ermöglicht wird.
Skeptische Stimmen der Arbeitgeber-Vertreter
Auf die bisherigen Vorschläge gab es durchaus auch negative Reaktionen. Das wurde in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 14.09.2020 deutlich. Arbeitgeber-Vertreter sehen eine gesetzliche Pflicht, die Arbeitszeit der Beschäftigten vollständig zu erfassen, kritisch.
Besonders befürchtet wird ein Mehraufwand für Arbeitgeber. Nach Ansicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist es daher insbesondere notwendig, eine durch eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung entstehende neue Bürokratie zu verhindern. Die bisherigen Vorschläge seien daher nicht zielführend. Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht aufgrund der bereits bestehenden Regelungen zur Arbeitszeit in Deutschland keinen Handlungsbedarf. Es bestünde bereits ein umfassender Rechtsrahmen zur Aufzeichnung von Arbeitszeit, so die Auffassung.
In welcher Form die Vorgaben des EuGH zur Arbeitszeit künftig in Deutschland umgesetzt werden, bleibt also abzuwarten.
Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter: https://www.rosepartner.de/arbeitszeit-rechtsanwalt-kanzlei.html