Die Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH) bestätigten in ihrer jüngsten Entscheidung vom 8. Februar.2017, dass die klassische Stiefkindadoption weiterhin nur Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern vorbehalten bleibt.
Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Willen des Gesetzgebers, der den anzunehmenden Kindern legitimerweise eine stabile Elternbeziehung gewährleisten wolle.
Mann darf Kinder seiner Lebensgefährtin nicht adoptieren
Der BGH hatte über den Antrag eines nicht miteinander verheirateten Paares zu entscheiden. Der Antragsteller wollte die beiden minderjährigen leiblichen Kinder seiner Partnerin adoptieren, damit diese die Stellung als gemeinschaftliche Kinder der beiden Antragssteller erlangen. Der leibliche Vater der Kinder war 2006 verstorben, seit 2007 lebt der Antragsteller mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung ist eine solche Adoption aber nur bei Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern vorgesehen. Es besteht zwar theoretisch die Möglichkeit, dass der Antragssteller die Kinder adoptiert, in der Folge würde die Mutter aber die rechtliche Verwandtschaft zu ihren Kindern verlieren.
Die Vorinstanzen am Amtsgericht und am Oberlandesgericht lehnten daher den Antrag des Paares auf Adoption der beiden Kinder ab.
Adoption ja – aber nur mit Trauschein
Der BGH schloss sich in seiner Entscheidung dem Urteil des Oberlandesgerichts an.
Für eine Stiefkindadoption gebe es nur eine gesetzliche Grundlage für Ehegatten und Lebenspartner, nicht aber für nicht verheiratete Partner.
Die eindeutige gesetzliche Regelung lasse nach Ansicht der Richter keinen anderen Schluss zu.
Die Antragsteller hatten im Verfahren vor dem BGH gerügt, dass die derzeitige gesetzliche Ausgestaltung der Stiefkindadoption verfassungswidrig und zudem mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar sei.
Regelung verstößt nicht gegen Verfassungsrecht
Die gesetzliche Grundlage zur Adoption von Stiefkindern wurde von den Richtern des BGH jedoch als verfassungsgemäß erachtet.
Auf das Elternrecht des Grundgesetzes könne sich der Antragssteller nicht berufen, da er zwar sozialer aber nicht rechtlicher beziehungsweise leiblicher Vater der Kinder sei. Das Familiengrundrecht sei ebenfalls nicht verletzt, da es keinen Anspruch der Familienmitglieder auf Adoption umfasse.
Auch der allgemeine Gleichheitsgrundsatz sei nach Ansicht der Richter nicht verletzt, da der Gesetzgeber die unterschiedlichen Sachverhalte durchaus unterschiedlich regeln dürfe. Bei nicht verheirateten Lebensgefährten einerseits und Ehegatten und Lebenspartnern andererseits, seien unterschiedliche Beurteilungssachverhalte ausschlaggebend.
Der Gesetzgeber versuche, durch das Erfordernis einer rechtlich abgesicherten Partnerschaft in Form einer Ehe beziehungsweise einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, den Zweck Rechnung zu tragen, dass den anzunehmenden Kindern eine stabile Elternbeziehung gewährleistet werde. Dieser Zweck ist nach Auffassung des Gerichts auch legitim.
Kein Verstoß gegen Europäische Menschenrechtskonvention
Durch die deutsche Regelung sei auch das durch die EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens nicht verletzt.
Die Entscheidung der deutschen Richter sei mit der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) konform, die ebenfalls nicht ermögliche, dass nicht verheiratete Lebensgefährten durch eine Adoption die Stellung gemeinschaftlicher Eltern erlangen. Vielmehr habe auch der EGMR bei der Adoption Minderjähriger den Abbruch der Beziehung des Kindes zu seinem leiblichen Elternteil im Grundsatz anerkannt.
Eine im Jahr 2008 geändertes Europäisches Adoptionsabkommen der Vertragsstaaten, wodurch unter anderem die Adoption eines Kindes durch zwei Personen verschiedenen Geschlechts zugelassen werde, wenn diese in einer „stabilen Beziehung“ lebten, sei lediglich eine Öffnungsklausel. Hierbei handele es sich nicht bereits um eine bindende Wertentscheidung. Somit sei der in Deutschland entschiedene Fall (noch) nicht unter dem Gesichtspunkt des geänderten Adoptionsabkommen zu beurteilen.
Gesetzliche Neuregelung erforderlich?
Die Entscheidung wirft die Frage auf, ob nach dem heutigen Bild von Familie und Gesellschaft eine stabile Elternbeziehung unausweichlich mit einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft in Verbindung gebracht wird. Hat die Ehe heute noch den gleichen Stellenwert wie vor 30 Jahren? Geht der Trend nicht hin zu gefestigten Beziehungen ohne Trauschein? Die Entscheidung des BGH muss sich durchaus die Kritik gefallen lassen, gesellschaftliche Entwicklungen zu verkennen.
Sollten die Antragssteller nicht eine Rüge vor dem Bundesverfassungsgericht anstoßen, bliebe damit nur noch die Aussicht, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen an den gesellschaftlichen Wandel und an das herrschende Familienbild anpassen wird.
Weitere Informationen zum Thema Familienrecht finden Sie unter http://www.rosepartner.de/familienrecht/abstammung-name/adoption.html