Bei Schmähkritik oder unwahren Behauptungen steht auch einem Unternehmen der Schutz vor Persönlichkeitsverletzungen zu. Werden solche Verletzungen im Internet begangen, stellt sich die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit, da die Inhalte schließlich weltweit abrufbar sind.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer Entscheidung aus dem vergangenen Jahr nun die gerichtliche Zuständigkeit für Klagen auf Verletzungen des Unternehmenspersönlichkeitsrechts geklärt. Dabei sei nicht in jedem Fall der Sitz des Klägers oder des Beklagten maßgeblich, sondern vielmehr in welchem Land sich die Verletzung besonders auswirke.
Schwedisches Unternehmen setzt estnische Firma auf „schwarze Liste“ – Vorwurf des Betrugs
Ausgangsfall der Entscheidung war ein Streit zweier Unternehmen, über den der estnische Oberste Gerichtshof zu entscheiden hatte. Dabei hatte eine estnische Gesellschaft gegen die Eintragung selbiger auf der „schwarzen Liste“ eines schwedischen Unternehmens im Internet geklagt. Der estnischen Firma wurde vorgeworfen betrügerische Geschäftspraktiken zu pflegen. Der Eintrag wurde in der Folge mit um die 1.000 Kommentierungen versehen und führte nach Angaben des betroffenen Unternehmens zu einem deutlichen Rückgang der Verkaufszahlen. Dennoch weigerte sich die schwedische Gesellschaft den Eintrag zu löschen.
Das estnische Unternehmen sah sich in seiner Unternehmenspersönlichkeit verletzt und klagte.
Estnisches Gericht fragt nach seiner Zuständigkeit
Das estnische Oberste Gericht hatte daraufhin den EuGH um Klärung der Frage der gerichtlichen Zuständigkeit gebeten. Aus einer europäischen Verordnung ergibt sich die Möglichkeit, im Falle einer unerlaubten Handlung den Beklagten nicht nur in dem Mitgliedstaat zu verklagen, in dem dieser seinen Wohnsitzt bzw. Gesellschaftssitz hat, sondern auch vor den Gerichten eines Mitgliedstaates, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.
Bei einer im Internet getätigten Äußerung ist die Bestimmung dieses Ortes aber alles andere als einfach. Klar sei nur, dass man nicht in jeden Mitgliedstaat klagen könne, in dem die betreffende Website abrufbar ist. In Betracht kommen aber dennoch der Sitz der schädigenden Firma, der Sitz des geschädigten Unternehmens oder der Ort, an dem der größte Schaden eingetreten ist.
Europäischer Gerichtshof: Interessenmittelpunkt ist entscheidend
Der EuGH hatte daraufhin die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit auf Grundlage der europäischen Verordnung zu präzisieren.
Grundsätzlich stellten die Richter fest, dass das Gericht zuständig sein solle, welches am besten in der Lage sei, die Situation vor Ort zu beurteilen und Beweise zu erheben. Entscheidend sei dafür der Mittelpunkt der Interessen des verletzten Unternehmens, weil dort der wirkliche Schaden eingetreten sei und die Verletzung des Persönlichkeitsrechtes am stärksten spürbar sei.
Das betroffene Unternehme habe also die Möglichkeit bei Verletzungen der Persönlichkeitsrechte durch unrichtige Veröffentlichungen im Internet eine Klage auf Richtigstellung bei den Gerichten des Mitgliedsattes erheben zu können, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet.
Anknüpfungspunkt sei also gar nicht unbedingt der Sitz des Klägers oder des Beklagten, sondern vielmehr der Ort an dem der Erfolg des durch den Online-Inhalt verursachten Schaden verwirklicht wurde.
Der EuGH bejahte folglich die Möglichkeit eines besonderen Gerichtsstandes. Das Unternehmen könne an dem Ort Klagen, wo ihr Interessenmittelpunkt bestehe, weil es dort auch am stärksten verletzt sein kann. Dieser Ort kann dann auch vom Firmensitz dieses Unternehmens abweichen.
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