Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber stetig? Schon lange nicht mehr!
Seit Jahren kennen Rechtsanwälte diese Situation. Die Parteien werden in einen zivilrechtlichen Vergleich gepresst, statt der Ermittlung eines Tatvorwurf kommt vorschnell ein Strafbefehl oder später eine Einstellung nach § 153a StGB. In Wirtschaftsstrafsachen habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass man Verfahren auch gerne mal verjähren lässt, wenn die Anfangsermittlungen ergebnislos waren. Damit wird der zeit- und ressourcenintensive Einstieg in den Fall vermieden.
Dass die deutsche Justiz überlastet ist, ist mittlerweile auch beim Bürger angekommen.
Eine Studie des Richterbundes macht diesen Missstand deutlich: 1
Studie: 71 % der Deutschen sehen Überlastung der Gerichte
Richterbund fordert bessere Ausstattung der JustizBerlin. Die Tatsache, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften überlastet und unterfinanziert sind, ist mittlerweile im kollektiven Bewusstsein der Deutschen angekommen: Laut einer neuen Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach geben 71 % der Befragten an, dass sie die Gerichte für überlastet halten. Nach dem Bericht ist das der Hauptkritikpunkt an der Justiz.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Richterbundes Jens Gnisa fordert deshalb erneut eine bessere Ausstattung der Gerichte. „Die Studie des Allensbach-Instituts zeigt, dass die Überlastung der Justiz keine exklusive Sicht der Richter und Staatsanwälte ist, sondern auch von der Bevölkerung wahrgenommen wird.“ Es müssten dringend neue Stellen geschaffen werden. „Der Fehlbestand ist eklatant. Der Deutsche Richterbund geht von 2000 Kollegen bundesweit aus. Alleine in Nordrhein-Westfalen fehlen rund 500 Richter und 200 Staatsanwälte.“
Obwohl viele Richter und Staatsanwälte schon seit Jahren überobligatorisch viel leisten, könnten sie die fehlenden Kolleginnen und Kollegen nicht mehr ersetzen, erklärt Gnisa. „Noch ist das Vertrauen der Bevölkerung in uns hoch, was mit dem unermüdlichen Arbeitseinsatz der Kollegen zu erklären ist. An dieser Schraube lässt sich aber nicht endlos drehen.“ Viele Richter seien enorm überlastet. „Die Politik spart hier am falschen Ende. Wir dürfen nicht riskieren, dass das Vertrauen in die Justiz abnimmt. Das hätte eine Erosion des Rechtsstaates zur Folge.“
Das Institut für Demoskopie Allensbach befragt die Bevölkerung alle zwei Jahre nach ihrem Vertrauen in die Justiz. Laut der neuen Erhebung ist dieses Vertrauen ungebrochen hoch. Auch sind die Werte in Ostdeutschland erstmals auf das gleiche hohe Niveau wie in Westdeutschland gestiegen. Trotzdem hat die Mehrheit der Befragten angegeben, dass sie die deutschen Gerichte für überlastet hält und die Sorge geäußert, dass sich Richter und Staatsanwälte nicht genug Zeit für die einzelnen Verfahren nehmen könnten.
__________Quelle: Deutscher Richterbund
Ein detaillierter Bericht zu der Auswertung der besagten Allensbach Studie finden sich bei der FAZ. 2
Eine Chance für Alternative Streitbeilegung (ADR)
Diese Situation sollten alternative Streitschlichter intensiver für sich und Ihr Angebot nutzen. Eine entsprechend offensive Werbung mit ihrem zeitnahen Zugang zum Recht könnte die Akzeptanz der Bevölkerung für die Rechtsfindung neben den staatlichen Gerichten fördern. Davon würden auch die staatliche Gerichte profitieren, indem sie sich mit den freigewordenen Kapazitäten auf Verfahren konzentieren können, welche z.B. von ADR-Dienstleistern nicht (sinnvoll) gelöst werden können.
Bild: von “Beek100″ aus wikipedia.
Notes:
- “Pressemitteilung vom 21.08.2014″ des deutschen Richterbundes, abgerufen am 25.08.2014. ↩
- “Allensbach-Analyse” in FAZ online, abgerufen am 25.08.2014. ↩