Die Höhe der Unterhaltspflicht wird durch das Gericht bestimmt. Eine Erfüllung in Form von Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung ist ebenso möglich.
Eine Nichterfüllung der Unterhaltspflicht kann grundsätzlich sowohl zivilrechtlich, als auch strafrechtlich verfolgt werden.
Dieses Informationsschreiben zielt darauf ab, die charakteristischen Merkmale des polnischen Unterhaltsrechts zu skizzieren. Diese Thematik interessiert mehrere deutsche Staatsbürger, mit oder ohne Kinder, die in einer Beziehung mit polnischen Staatsbürgern leben.
1.Unterhaltszahlungen im polnischen System
Folgend wird die Regelung der Unterhaltspflicht analysiert, indem zwischen zwei Rechtssubjekten unterschieden wird: Ehepartner und Kind.
In Polen wird das Familienrecht durch das Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch (Kodeks rodzinny i opiekuńczy - KRO) geregelt.
- Art. 128 regelt die allgemeine Unterhaltspflicht: “Die Verpflichtung zur Leistung von Mitteln für den Unterhalt und nach Bedarf auch für die Erziehung (Unterhaltspflicht) obliegt den geradlinigen Verwandten und den Geschwistern.”
- Art. 27 hingegen regelt die Verhältnisse der Ehepartner: “Beide Ehegatten sind verpflichtet, jeder nach seinen Kräften und Erwerbs- und Vermögensmöglichkeiten die Bedürfnisse der Familie, die sie gegründet haben, zu befriedigen. Diese Pflicht kann auch ganz oder teilweise durch persönliche Bemühungen um die Erziehung der Kinder und durch Leistung der Arbeit im gemeinsamen Haushalt erfüllt werden.“
a. Unterhaltszahlungen gegenüber den Kindern
Das polnische Recht sieht Unterhaltszahlungen gegenüber den eigenen Kindern vor. Auch in diesem Fall ist zwingende Voraussetzung für die Unterhaltszahlungen die Bedürftigkeit. Diese liegt regelmäßig vor, wenn das Kind minderjährig, oder wenn es über 18 Jahre alt ist und an einer Universität studiert. Für den Fall, dass das Kind nicht alle Prüfungen gemäß dem Lehrplan besteht, kann das Recht auf Unterhaltszahlungen entfallen. Eheliche Kinder werden genauso behandelt wie uneheliche Kinder und Adoptivkinder.
b. Unterhaltszahlungen gegenüber Ehegatten
Gemäß Art. 27 KRO ist der Ehegatte dazu verpflichtet dem anderen Ehegatten Unterhalt zu zahlen, falls dieser bedürftig ist. Falls ein Scheidungsurteil vorliegt, das einem der beiden Ehegatten die Schuld an der Zerrüttung der Ehe zuschreibt, so muss dieser schuldige Ehegatte dem anderen Unterhalt zahlen, unabhängig von der Bedürftigkeit des anderen Ehegatten. Die Höhe des Unterhalts bestimmt sich nach unterschiedlichen Faktoren, entscheidend sind vor allem die finanziellen Möglichkeiten des Unterhaltspflichtigen Ehegatten. Die Unterhaltspflicht erlischt bei Neueingehung einer Ehe des anderen Ehegattens.
Falls keine Schuld an der Zerrüttung der Ehe zugewiesen wurde, erlischt die Unterhaltspflicht nach 5 Jahren. Falls jedoch weiterhin die Bedürftigkeit des einen Ehegattens besteht, steht es dem Richter zu, die Unterhaltspflicht zu verlängern.
c. Unterhaltszahlungen gegenüber der Mutter des unehelichen Kindes
Eine weitere Unterhaltspflicht kann gegenüber der Mutter des unehelichen Kindes bestehen. In diesem Fall ist der Kindesvater verpflichtet alle Kosten bezüglich der Geburt (Visiten beim Gynäkologen, medizinische Untersuchungen, Kleidung für die Schwangerschaft), sowie den Unterhalt während der ersten 3 Monate nach der Geburt des Kindes zu zahlen. Auf Antrag der Mutter kann diese Unterhaltspflicht vom zuständigen Gericht verlängert werden.
d. Die Höhe der Unterhaltspflicht
Um die Höhe der Unterhaltspflicht zu bestimmen, untersucht das Gericht folgende Faktoren:
- Tatsächliche Bedürftigkeit der Unterhaltsempfänger;
- Finanzielle Möglichkeiten des Unterhaltszahlers.
Die Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers wird durch die Unterlagen bestimmt, die vor Gericht von beiden Seiten vorgelegt werden (Steuererklärungen, Rechnungen, usw.). Des Weiteren berücksichtigt das Gericht auch diesbezügliche Zeugenaussagen. Bei einem minderjährigen Unterhaltsempfänger geht die Rechtsprechung erfahrungsgemäß von einer Unterhaltspflicht von tendenziell mindestens 500 PLN (ca. 125 Euro) aus. Diese Mindestsumme wird unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten des Unterhaltzahlers gefordert.
Auf jeden Fall muss der Antragsteller vor Gericht versuchen so präzise wie nur möglich die eigenen Bedürfnisse zu schildern und zu beweisen (unter Vorlage von: Rechnungen, Arztkosten, Kredite, Mietkosten, etc.).
Man kann in einem späteren Moment jederzeit vor Gericht einen Antrag auf Anpassung der Unterhaltsleistung stellen, falls sich die Kosten oder Ähnliches verändert hat.
2. Gerichtszuständigkeit und Anwendbarkeit des polnischen Rechts
Im Gesetz vom 12. November 1965 über das internationale Privatrecht wird die Anwendbarkeit des Rechts bestimmt. Außerdem wird das Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 angewandt. Falls die zuvor genannten Gesetze oder Übereinkommen nichts Entgegenstehendes vorhersehen, ist bei polnischer Staatsbürgerschaft des Unterhaltsempfängers auch das polnische Recht anzuwenden. Der Wohnort der Seiten spielt dabei keine Rolle.
3. Erfüllungsmodalitäten der Unterhaltspflicht
Der Unterhaltszahler kann die Unterhaltspflicht folgendermaßen erfüllen:
- mittels freiwilliger Zahlung;
- mittels Vereinbarung mit dem Unterhaltsempfänger;
- aufgrund eines Vollstreckungstitels, im Falle einer früheren Nichtleistung des Unterhalts.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 bezüglich der Gerichtszuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu unterstreichen. Gemäß Art. 38 werden „Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind“. Dies erleichtert zum Beispiel die Vollstreckung eines deutschen Titels in Polen.
4. Unterlassung der Unterhaltszahlung
In erster Linie kann die Unterlassung der Unterhaltszahlung zu einer zivilrechtlichen Vollstreckung führen. Dabei können Rente oder Gehalt direkt gepfändet werden. Eine Nichtleistung des Unterhalts ist ebenfalls strafrechtlich relevant und kann ggf. zu Geldstrafen oder bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe führen.
Für weitergehende Informationen oder im Bedarfsfall bleiben wir selbstverständlich zur Verfügung.
Adw. Alfio Mancani
Anwaltskanzlei – Kancelaria Prawna Avv. Alfio Mancani
Tel - fax: (+48) 22 11 93 357
E-mail: alfio.mancani@md-partners.pl
Dott. Marco Arena
Verantwortlicher des German Desk
Tel: (+48) 22 11 93 357
Email: marco.arena@md-partners.pl