GRÜNDUNG EINER GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG IN POLEN
Ausländische Investoren, die daran interessiert sind in Polen tätig zu werden, stellen sich zumeist folgende Fragen:
- Welche Gesellschaften kann man in Polen gründen?
- Gibt es besondere Regelungen, die in Fällen mit ausländischen Kapital Anwendung finden?
- Welche sind die Voraussetzungen, die die Gesellschafteranzahl und die Gesellschaftsorgane anbelangen?
Wir sind erfreut mit diesem Dokument die erforderlichen Voraussetzungen für die Gründung einer GmbH in Polen vorstellen zu können.
1. Allgemeine Informationen
Für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in Polen wird generell eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet. Diese Art von Gesellschaft kann von einem oder mehreren Gesellschaftern gegründet werden; allerdings kann sie nicht ausschließlich von einer anderen GmbH als einzigen Gesellschafter gegründet werden. Die Gesellschafter haften nicht persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft; sind aber dennoch verpflichtet ein Stammkapital von mindestens PLN 5.000 (ca. EUR 1.200 zum 19. November 2012) einzubringen. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung haftet für ihre Verbindlichkeiten ausschließlich mit Ihrem Vermögen. Außerdem ist sie der Körperschaftssteuer unterworfen.
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird mit Durchführung der folgenden Schritte gegründet:
- Ausarbeitung des Gesellschaftsvertrages mit notarieller Beurkundung,
- Einbringung des Stammkapitals bevor ein Antrag auf Eintragung ins Handelsregister gestellt wird,
- Einberufung der Gesellschaftsorgane,
- Eintragung ins Handelsregister.
Die GmbH wird ab dem Moment der Eintragung ins Handelsregister eine juristische Person. Jedoch kann die GmbH bereits sechs Monate vor Eintragung als „Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung (GmbH i.G)“ tätig werden.
Auch wenn theoretisch diese Form der Gesellschaft rechtmäßig handelt und rechtskräftige Verträge abschließt, können im konkreten Fall praktische Probleme bei der Unternehmensführung einer Vor-GmbH auftreten.
2. Gesellschaftsvertrag
(1) Der erste Schritt für die Gründung einer GmbH in Polen ist die Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages mit notarieller Beurkundung. Dies findet in Polen in Anwesenheit eines Notars statt. Gleichzeitig ist es notwendig eine Erklärung über die Geschäftsanteile zu unterzeichnen.
Der Gesellschaftsvertrag muss folgendes beinhalten:
o Die Firma und der Sitz der Gesellschaft;
o Der Gegenstand der Gesellschaftstätigkeit; dieser bestimmt sich nach dem polnischen Gewerbeverzeichnis (PKD) – ist im Wesentlichen der Europäischen Klassifikation der Wirtschaftstätigkeiten ähnlich
o die Dauer der Gesellschaft, wenn sie als Gesellschaft auf Zeit gegründet wird;
o Die Höhe des Stammkapitals;
o Die ausdrückliche Angabe in welchen Fällen ein Gesellschafter mehrere Anteil übernehmen darf;
o Die Anzahl und der Nominalwert der Geschäftsanteile eines jeden Gesellschafters.
Es ist für die Praxis empfehlenswert, dass diese Niederschrift, neben dem Gesellschaftsvertrag, auch eine Beschlussfassung über die Einberufung des Vorstandes beinhaltet, für den Fall, dass dies vom Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.
Der Vertrag wird in polnischer Sprache verfasst und falls die Unterzeichner die sprachlichen Kenntnisse nicht aufweisen, wird die Anwesenheit eines beeidigten Übersetzers notwendig sein, um das Verständnis des Gründungsaktes sicherzustellen. Ist einer der Gesellschafter eine juristische Person wird außerdem ein Handelsregisterauszug benötigt. Daraus wird die Befugnis des Unterzeichners entnommen, dass er die juristische Person vertreten darf.
An dieser Stelle wäre es angebracht den Notar aufzuforden die Unterschriften der neu berufenen Vorstandsmitglieder zu beglaubigen, da dies anschließend für die Eintragung der Gesellschaft nötig sein wird. Die Beglaubigung der Unterschriften kann gleichzeitig mit der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages erfolgen.
(2) Der zweite Schritt besteht darin, das Stammkapital der Gesellschaft einzubringen. Anschließend werden alle Vorstandsmitglieder mit einer schriftliche Erklärung bestätigen, dass das Stammkapital in voller Höhe eingebracht wurde.
(3) Schließlich ist es notwendig den Antrag für das nationale polnische Gerichtsregister (KRS) vorzubereiten. Für den Antrag muss man die dafür vorgesehenen Formblätter ausfüllen und sie mit folgenden Anhängen versehen:
- Eine von allen Vorstandsmitgliedern unterschriebene Erklärung über die vollständige Einbringung des gesamten Stammkapitals;
- Die von allen Vorstandsmitgliedern unterschriebene Gesellschafterliste;
- Die notariell beglaubigten Unterschriften der Vorstandsmitglieder;
- Die Vornamen, Nachnamen und Anschriften der Vorstandsmitglieder.
(4) Dem Antrag auf Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister muss folgendes beiligen:
(i) Antrag auf Ausstellung einer Statistischen Nummer REGON – erteilt vom statistischen Zentralamt,
(ii) Antrag auf Erteilung einer Steueridentifikationsnummer (NIP),
(iii) Die Anmeldung beim Institut für Sozialversicherungen.
Das Registergericht veranlasst, dass die Anträge an das jeweilige Finanzamt und das statistische Zentralamt weitergeleitet werden. Nachdem man die obengenannten Identifikationsnummern erhalten hat, kann das Registergericht dafür Sorge tragen, dass diese Informationen beim Institut für Sozialversicherungen angemeldet werden.
3. Gründungsakt (Statzung)
Der Gründungsvertrag kann entweder nur die unter Punkt 2 aufgelisteten Voraussetzungen, oder weitere unterschiedliche Dispositionen enthalten. Es ist empfehlenswert, dass die Dispositionen, die die Verwaltung der Gesellschaft betreffen, sehr detailliert geregelt und auch eine genaue Verteilung der Kompetenzen zwischen Vorstand, Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat (wenn bestellt) mit einbezogen werden.
Für einige Beschlüsse des Vorstandes ist eine Genehmigung der Gesellschafterversammlung notwendig. Die Beschlussfassungen, die einer solchen Genehmigung der Gesellschafterversammlung unterliegen, müssen im Gründungsvertrag bezeichnet werden. Außerdem ist es unserer Meinung nach besonders nützlich einige Entschlüsse im Gründungsakt mit aufzunehmen, die den Betrieb der Gesellschaft fördern, sowie dazu beitragen die Kosten zu senken.
(a) Firma, Sitz und Unternehmensgegenstand
Der Gründungsvertrag beinhaltet die Firma, den Sitz und den Unternehmensgegenstand der GmbH.
Die Gesellschafter vereinbaren die Firma der Gesellschaft, die frei gewählt werden darf. Jedoch muss sie sich von der Firma anderer Gesellschaften, die im selben territorialen Umfeld tätig werden, unterscheiden. Außerdem muss die Firma die Bezeichnung “Gesellschaft mit beschränkter Haftung” beinhalten, also "Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością", dass in Polen mit “Sp. z o.o.” abgekürzt wird.
Der Unternehmensgegenstand muss nach der Klassifikation der Wirtschaftstätigkeiten bestimmt sein.
(b) Stammkapital, Wert der Geschäftsanteile
Das Mindestkapital der Gesellschaft beträgt PLN 5.000 (ca. EUR 1.130 zum 1. Juli 2009) und kann als Bar- oder Sacheinlage eingebracht werden.
Der Nominalwert eines Geschäftsanteils darf nicht kleiner sein als PLN 50. Das Stammkapital ist in Anteilen unterteilt, dessen Wert gleich oder ungleich sein kann. Der Gründungsvertrag der GmbH muss ausdrücklich angeben, ob ein Gesellschafter einen oder mehrere Anteile übernehmen darf. In diesem Fall müssen alle Geschäftsanteile den gleichen Wert haben und unteilbar sein.
(c) Erhöhung des Stammkapitals
Der Gründungsvertrag kann vorsehen, dass im Falle einer Erhöhung des Stammkapitals - innerhalb einer bestimmten Zeitspanne und die nicht eine gewisse Höhe übersteigt - eine Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung entbehrlich ist. Diese Lösung ermöglicht eine Erhöhung des Stammkapitals ohne eine Einberufung der Gesellschafterversammlung und ohne die Satzung zu emendieren. Mit dieser Vorgehensweise erspart man sich die Kosten einer notariellen Beurkundung, die für die Protokollierung der Versammlung notwendig ist.
(d) Nachschusspflicht
Des Weiteren kann der Gründungsvertrag vorsehen, dass die Gesellschafterversammlung die Gesellschafter zu Nachschüssen - bis zu einer im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Höhe – verpflichten. Die Nachschüsse sind nicht Teil des Stammkapitals und können nach einer dazu bestimmten Beschlussfassung der Versammlung zurückgezahlt werden.
(e) Gewinnausschüttung
Der Gewinn kann einmal im Jahr, nach Beschlussfassung der Jahresabschlussbilanz, an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Der Gründungsvertrag kann jedoch festlegen, dass - wenn alle rechtlichen Voraussetzungen vorliegen - der Gewinn bereits vorab ausgeschüttet werden darf. Der Vorstand stimmt über eine solche Vorabausschüttung ab.
(f) Vorstand
Kann aus einem oder mehreren Mitgliedern bestehen, die für ein oder mehrere Jahre oder auf unbestimmte Zeit berufen werden. Der Gründungsvertrag kann verschiedene Stellvertretungsformen vorsehen. Zum Beispiel kann die GmbH bei einem Vorstand mit mehreren Mitgliedern von folgenden Personen vertreten werden:
- einem Mitglied des Vorstands;
Vorstandsvorsitzenden (die gewöhnlichen Mitglieder des Vorstands könnten nur gemeinsam die Gesellschaft vertreten);
zwei (oder mehrere) Vorstandsmitglieder, die zusammen tätig werden;
- einem Mitglied des Vorstands, der zusammen mit einem anderen Vorstandsmitglied oder dem Prokuristen (prokurent) tätig wird.
Der Gründungsvertrag kann die Einberufung des Vorstandes oder die Beschlussfassungsmodalitäten regeln.
(g) Prokurist
Die Prokura wird vom Vorstand erteilt und der Prokurist kann alleine die GmbH vertreten. Er kann jedoch nicht Grundstücke oder andere Vermögen der GmbH veräußern, verpfänden, mit Hypothek oder in sonstiger Weise belasten. Die Prokura muss ins Handelsregister eingetragen werden.
(h) Aufsichtsrat
Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann einen Aufsichtsrat (oder einen sogenannten Prüfungsausschuss) bestellen und der Gründungsvertrag kann ihm einige Kontrollrechte einräumen. Der Aufsichtsrat kann besonders in den Fällen nützlich sein, in denen ein Vertrag zwischen Mitgliedern des Vorstandes und der Gesellschaft selbst geschlossen wird. Ohne Aufsichtsrat kann die Gesellschaft in diesen Fällen nur von einem von der Gesellschafterversammlung ernannten Handlungsbevollmächtigten vertreten werden. Bei Gesellschaften mit einem Kapital höher als PLN 500.000 und mit mehr als 25 Gesellschafter ist ein Aufsichtsrat (oder ein Prüfungsausschuss) zwingend erforderlich.
(i) Gesellschafterversammlung
Gemäß dem polnischen Kodeks spółek handlowych (“Handelsgesellschaftengesetzbuch) ist eine Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung erforderlich für:
(1) Feststellung des Jahresabschlusses des vorangegangenes Rechnungsjahres, sowie eine Beschlussfassung über das Vorgehen der Vorstandsmitglieder (und des Aufsichtsrates, wenn bestellt);
(2) Gewinnausschüttung oder Verlustdeckung;
(3) Entscheidungen über Schadensersatzansprüche, die während der Gründung der Gesellschaft, ihrer Verwaltung oder der Kontrolldurchführungen entstanden sind;
(4) Die Veräußerung und Verpachtung des gesamten oder nur von Teilen des Betriebes, also die Einrichtung eines beschränkt dinglichen Rechts;
(5) Rückzahlung der Nachschüsse (wenn im Gründungsvertrag vorgesehen);
(6) Abschluss eines Darlehensvertrags mit Vorstandsmitgliedern oder Geschäftsführern; oder Abschluss eines Gesellschafterdarlehens;
(7) Erwerb oder Veräußerung einer Immobilie, eines Anteils an einer Immobilie oder über andere Anlagevermögen, auch wenn der Gesellschaftsvertrag festsetzen kann, dass für diese Geschäfte ein Gesellschafterbeschluss entbehrlich sein kann;
(8) Abschluss eines Vertrages (innerhalb von zwei Jahren seit der Gründung) über den Erwerb einer Immobilie, eines Anteils an einer Immobilie oder über andere Anlagevermögen deren Preis ¼ des Stammkapitals übersteigt jedoch nicht weniger als PLN 50.000. Der Gesellschaftsvertrag kann davon abweichende Regeluingen treffen;
(9) andere Fragen, die im Gründungsvertrag der Kompetenz der Gesellschafterversammlung überlassen wurden.
Wir wollen betonen, dass ein ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung geschlossener Vertrag nichtig ist. Des Weiteren sieht das polnische Handelsgesellschaftengesetzbuch vor, dass der Vorstand gezwungen ist die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen, wenn der Wert der Verpflichtung, die eingegangen wird doppelt so hoch ist wie der Wert des Stammkapitals. Allerdings wäre in einem solchen Fall ein Abschluss des Vertrages ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung wirksam und die Vorstandsmitglieder würden für jegliche Schäden gegenüber der Gesellschaft haften. Durch den Gründungsvertrag kann vom obengenannten abgewichen werden.
Gemäß dem polnischen “Handelsgesellschaftengesetzbuch” muss die Gesellschafterversammlung mindestens zwei Wochen vorher per Kurier, per Einschreiben oder per Email einberufen werden – diese letzte Form der Einberufung ist jedoch nur mit vorheriger Genehmigung des Gesellschafters zulässig.
Außerdem sieht dasselbe Gesetzbuch vor, dass die Gesellschafterversammlung am Sitz der Gesellschaft stattfindet; andere Stätten müssen im Gründungsvertrag vorgesehen, oder von der Gesellschafterversammlung selbst bestimmt worden sein.
(j) Veräußerung der Geschäftsanteile, Erhöhung des Stammkapitals - Vorkaufsrecht
Das polnische Handelsgesellschaftengesetzbuch sieht im Fall einer Erhöhung des Stammkapitals vor, dass die Gesellschafter ein Vorkaufsrecht haben. Dieses kann jedoch vom Gründungsvertrag oder durch Beschlussfassung von der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden. Andererseits kann im Falle einer Veräußerung der Geschäftsanteile das Vorkaufsrecht nur im Gründungsvertrag vorgesehen sein.
(k) weitere Regelungen
Der Gründungsakt kann auch weitere Regelungen treffen, die für die Gesellschafter von besonderer Bedeutung sind, so zum Beispiel:
- Modalitäteten bei der Rückzahlung von Geschäftsanteilen;
- Konkurrenzklauseln zwischen Gesellschaftern;
- Schiedsklauseln;
- Verteilung der Vermögenswerte im Falle einer Auflösung der Gesellschaft;
- Privilegien bei der Gewinnausschüttung oder bei der Stimmanzahl in Verbindung mit den Geschäftsanteilen;
- Rechtsnachfolge der Geschäftsanteile
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Falls Sie interesse haben eine neue Gesellschaft zu gründen, oder Rechtsbeistand im Bereich des Gesellschaftsrecht benötigen, können Sie gerne Kontakt mit uns aufnehmen.
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Die Informationen in diesem Schreiben sind zwar aktuell, aber sie stellen kein Rechtsgutachten dar. Dieser kann von unseren Anwälten ausschließlich auf Anfrage und im Bezug auf einen konkreten Fall erstellt werden.
Artikel
23.04.2015