Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft erfolgte Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anfechtbar (BGH, Urteil vom 15. November 2018 – IX ZR 39/18)
Horizontale oder vertikale Verbindung zwischen Schuldner und Darlehensgeber erforderlich
Erfasst sind von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO jedoch nicht nur Gesellschafterdarlehen im eigentlichen Sinn, also Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft, sondern auch einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechende Handlungen. Hierzu zählen etwa Darlehen eines Dritten, der bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht. Nach der Rechtsprechung fallen hierunter vor allem Darlehen verbundener Unternehmen.
Vertikale Verbindung
Eine solche Verbindung kann zunächst vertikal bestehen, d.h. der Darlehensgeber ist zwar nicht direkter Gesellschafter der Schuldnerin aber über eine Beteiligungskette mittelbar Gesellschafter der Schuldnerin. Zudem muss der Darlehensgeber gemäß § 39 Abs. 5 InsO entweder zu mehr als zehn Prozent am Haftkapital der Schuldnerin beteiligt sein oder deren Geschäftsführung innehaben (sog. Kleinbeteiligtenprivileg). Im Fall der mittelbaren Beteiligung kommt es auf die durchgerechnete Höhe der Beteiligung des Darlehensgebers an der Schuldnerin an. Verfügt der Darlehensgeber bspw. über eine Beteiligung von 50 Prozent an der Zwischengesellschaft, die wiederum zu 25 Prozent am Kapital der Schuldnerin beteiligt ist, beträgt die durchgerechnete Beteiligungshöhe des Darlehensgebers an der Schuldnerin mehr als zehn Prozent.
Hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit des Darlehensgebers genügt es, dass dieser mittelbar die Geschäftsführung der Schuldnerin innehat. Ist die Schuldnerin eine GmbH & Co. KG, so ist es ausreichend, wenn der Darlehensgeber Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist.
Horizontale Verbindung
Die entscheidende Verbindung zwischen Darlehensgeber und Schuldner kann aber auch horizontal ausgestaltet sein, d.h. indem ein Gesellschafter sowohl an der darlehensnehmenden Gesellschaft als auch an der das Darlehen gewährenden Gesellschaft beteiligt ist, und zwar an letzterer in maßgeblicher Weise. Eine „maßgebliche Beteiligung“ in diesem Sinne ist gegeben, wenn der Gesellschafter auf die Entscheidungen der Gesellschaft (hier: Gewährung oder Abzug der Leistung an das andere Unternehmen), einen bestimmenden Einfluss ausüben, insbesondere dem Geschäftsführungsorgan der darlehensgewährenden Gesellschaft durch Gesellschafterbeschluss entsprechende Weisungen erteilen kann. Hinsichtlich der (mittelbaren) Beteiligung an der Darlehensnehmerin ist indes - abgesehen von dem Kleinbeteiligtenprivileg - keine bestimmte Höhe notwendig.
Maßgeblicher Zeitpunkt der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens
Entscheidend ist nach Auffassung des BGH zudem nicht die „Gesellschafter“-Stellung im Zeitpunkt der Darlehensgewährung, sondern ob der Darlehensgeber im Zeitraum der Anfechtungsfrist, also innerhalb von einem Jahr vor dem Eröffnungsantrag bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Handlung, Gesellschafter (oder einem solchen gleichzustellen) war. Wird der Darlehensgeber etwa erst nach der Darlehensgewährung aber innerhalb jener Jahresfrist (mittelbarer) Gesellschafter der Schuldnerin, unterfällt das Darlehen grds. der Anfechtbarkeit.
Fazit
Eine (durch die Schuldnerin befriedigte) Darlehensforderung kann bei Insolvenz der Schuldnerin auch dann der Anfechtbarkeit unterliegen, wenn der Darlehensgeber nicht selbst Gesellschafter der Schuldnerin ist, sondern wenn er mit der Schuldnerin bloß dadurch verbunden ist, dass einer seiner Gesellschafter auch an der Schuldnerin (auch bloß mittelbar) beteiligt ist, wobei die Beteiligung des Gesellschafters am Darlehensgeber eine „maßgebliche Beteiligung“ sein muss, während hinsichtlich der (mittelbaren) Beteiligung an der Schuldnerin – abgesehen von dem auch bei mittelbarer Beteiligung geltenden Kleinbeteiligtenprivileg des § 39 Abs. 5 InsO - keine bestimmte Höhe erforderlich ist; ob eine maßgebliche Beteiligung vorliegt, entscheidet sich anhand wirtschaftlicher Gesichtspunkte. Hierbei kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei entscheidender Zeitraum für das Vorliegen der Gesellschafterstellung nicht der Zeitpunkt der Darlehensgewährung ist, sondern das letzte Jahr vor dem Eröffnungsantrag.