Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
20.08.2012

Zamek heisst er, uns bescheisst er

Bei Streiks schieden sich bekanntlich schon immer die Geister, nicht erst seit Dame Margaret Thatcher den Streik als Mittel der Gewerkschaftsvernichtung entdeckt hat.

Gegenwärtig ist das Thema durch die Frankfurter Feldschlacht in der Presse, die um Schadensersatzforderungen wegen des sog. Fluglotsenstreiks geführt wird. Das soll uns hier heute nicht interessieren, weil schon genug darüber geschrieben wurde.

Schöner ist nämlich die Poesie, die Streiks hervorbringen. Ihre Lyrik. Kein Streik ohne Reim.

Zamek heißt er, uns bescheißt er

Das ist so ein aktuelles Beispiel aus dem Poesiealbum. Ich habe schon früh beobachtet, dass Streiks eben Slogans brauchen – und war stets neugierig auf die nächste Schöpfung. In der Tat wollte ich schon mal eine Bitte an den DGB formulieren, doch die Streikslogans der letzten z.B. 50 Jahre als Sammelband herauszubringen. Aber ich habe mich nicht getraut.

Mehr Mumm hat die angesprochene Firma Zamek, einigen Lesern sicher von Würstchenpaketen im Supermarkt bekannt. Sie ist wegen des zitierten Slogans, wie der oben verlinkte Artikel aus “Der Westen” erklärt, so sauer, dass sie zwei Betriebsräte rauswerfen will. Die sollen das während eines Streiks “gebrüllt” haben. Die notwendigen Anträge nach § 103 BetrVG hat man beim Düsseldorfer Arbeitsgericht gestellt. Womit der Klassiker “Streik und Meinungsfreiheit” in eine neue Runde geht. Streiks sind hitzige Angelegenheiten. Da greift man oft zu Mitteln, die man am Kamin selbst peinlich findet.

Darf man so etwas über den eigenen Arbeitgeber sagen?

Die Antwort ist mit der Streiksituation eigentlich schon gegeben. Meinungs- und Koalitionsfreiheit (das ist auch das Streikrecht) sind im Grundgesetz verankert. Wenn etwas unter diesem Schirm zulässig ist, kann es nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden. Da deftige Worte Teil der Streikkultur in Deutschland (wie Schlägereien bei Streiks in England vor Thatcher) sind, lautet zum Leidwesen des Arbeitgebers die Antwort wohl – Kündigung nein.

Dabei spielt es keine Rolle, dass die Streikenden Betriebsräte sind. Streik ist keine Betriebsratstätigkeit. Werden Betriebsräte gekündigt, schaut die Rechtsprechung darauf, ob das Verhalten, mit dem die Kündigung begründet werden soll, aus der Betriebsratstätigkeit oder dem gewöhnlichen Arbeitverhältnis stammt. Im zuletzt genannten Fall gilt kein besonderer Maßstab, sondern gleiches Recht für alle – der Betriebsrat darf da nur so viel wie jeder andere Arbeitnehmer. Um so einen Fall handelt es sich dann wohl hier…

Muss man das gut finden?

Man muss natürlich gar nichts gut finden, das man nicht mag. Das Ergebnis ist sozusagen wertneutral: Es bedeutet nicht, dass der Slogan super ist. Sondern, dass man seinetwegen nicht rausfliegen kann.

Vielleicht gibt der DGB doch so einen Sammelband heraus. Mit einem Gutschein für einen Kurs in kreativem Schreiben vor einem Streikereignis für jeden Erwerber. Vielleicht kommen dann ebenso treffende, aber weniger verletzende Slogans heraus.