Es gibt ein Juristenkabarett. Wirklich!
Wir meinen nicht das alltäglich u.a. in den Gerichtssälen und Parlamenten aufgeführte. Sondern eines aus Stuttgart, das Stuttgarter Juristenkabarett. Es bezeichnet sich selbst als „legendär“, gleichwohl ist es für den Korrespondenten eine Entdeckung. Ich werde mir Karten für meinen nächsten Aufenthalt in der Metropole sichern, dachte ich so bei mir. Leider treten die irgendwie nie in Stuttgart auf, obwohl sie so heißen. Macht aber nichts: im Oktober 2012 ist es in Esslingen soweit. Das ist sozusagen in der Nähe.
Eine Protagonistin ist Richterin am Amtsgericht (offenbar für Strafsachen zuständig) und heißt, angepasst an ihre Nebentätigkeit, Anette Heiter. Sie hat der “Zeit” (das ist eine bekannte deutsche Wochenzeitung, also wissen Sie!…) ein Interview gegeben, das hatte meine Aufmerksamkeit erregt, in mehrfacher Hinsicht. Auf die Frage, was es so gebe an Lustigem in der Juristenwelt, antwortete Frau Heiter:
Wir thematisieren die Schnittstelle zwischen Juristerei und echtem Leben, indem wir zum Beispiel die Absurdität mancher Prozesse darstellen – etwa die Kündigung einer Krankenhausangestellten wegen des unerlaubten Verzehrs einer Maultasche.
Das finden Sie absurd? Warum? Da sollten Sie mal ein paar Strafprozesse erleben…ach ne, die haben Sie ja täglich. Man kehrt eben am liebsten vor den Türen der anderen, ließe sich hier vermuten (aber nein, ich bin nicht verstimmt; nur, warum sind ausgerechnet die Arbeitsrechtler die Witzbolde der Nation?). Witzig können aber auch die Selbstbekenntnisse von Juristen sein (Verfasser eingeschlossen). Frau Heiter zum Juristendasein:
Mit Beginn des ersten Semesters bin ich ins Juristenkabarett eingetreten, es hat mich über viele Durststrecken gebracht. Das Jurastudium ist Aktenstaub von morgens bis abends. Grauenerregend – so habe ich das empfunden und mich immer wieder gefragt, willst du wirklich weitermachen? Ich habe das dann durchgezogen, mithilfe von Kabarett und Musik.
Das verstehe ich alles gut; besorgte Elemente in der Öffentlichkeit fragen sich aber jetzt womöglich, ob bei dieser Beurteilung des Stoffes (a) ausgerechnet „Richterin“ eine gute Berufswahl ist, wenn man dem Fach doch so gar nichts abgewinnt und (b) ob man vor dieser Richterin stehen möchte, wenn sie den Aktenstaub runterpustet und falls sie dabei das Gesicht des Angeklagten trifft…eine bürgerliche Erfahrung vor Strafgerichten ist immerhin: Auch wenn man sich für noch so unschuldig hält, es gibt immer auf die Mütze (jedenfalls in Rosenheim und Traunstein); dafür ist das System ja da, der Gang zum Arbeitsgericht lohnt sich für eine Seite ja auch immer irgendwie.
Auch für Kolleginnen (da, liebe Frau Vorsitzende, winkt ja schon das AGG…) hat man schon heiterere Ansagen gehört:
Eine Anwältin kann superklug und prächtig vorbereitet sein, aber wenn sie dann im Gerichtssaal mit Mäusestimmchen erzählt, glaube ich ihr kein Wort.
Dumm für den Angeklagten. Aber jedenfalls gilt:
Wenn man eine Verhandlung leitet, muss man in jedem Moment wach sein und aufnehmen, was andere sagen, wie sie reagieren. Es gibt keinen privaten Moment. Man ist ständig unter Beobachtung und kann nicht mal die Nase putzen.
Das mache ich auch – trotz Heuschnupfens – selten im Gerichtssaal.
Juristen lachen eben am liebsten übereinander. Da geht es ihnen wie den Ärzten, die ich aber nie lachen sehe (das liegt sicher an mir).