Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
12.04.2012

Wie sich die Zeiten ändern

Harald Graef ist ein Mann, dem man im öffentlichen Recht einige Kompetenz zutraut. Er war bis zur Pensionierung Vizepräsident des OVG Thüringen, darüber hinaus auch Präsident des Thüringer Verfassungsgerichtshofs.

Die Thüringer Landesregierung war mal voll des Lobes. Das hörte sich so an:

Jetzt ist die Regierung eine etwas andere. Aus sozialen Erwägungen meinte sie, das in Deutschland endlich untergegangene Ladenschlussrecht aus der Mottenkiste holen zu müssen. Da hatte man sich auch etwas Feines für die Novelle ausgedacht; der neue § 12 Abs. 3 ThürLadÖffG lautete:

„…Arbeitnehmer in Verkaufsstellen dürfen mindestens an zwei Samstagen in jedem Monat nicht beschäftigt werden….“

Dazu hat Herr Graef ein Gutachten gemacht, deshalb liegt dieses Gesetz jetzt auf Eis, deshalb muss man auch die Vergangenheitsform wählen. Der Grund erschließt sich nicht sofort: Das da oben ist eine arbeitsrechtliche Regelung. Dazu steht im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Art. 74 Nr. 12 GG, das Arbeitsrecht sei Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Hat der Bund noch nicht gesetzgegeben, dürfen die Länder, sagt dazu das Prinzip (Art. 72 GG). Hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz im Arbeitsrecht etwa noch keinen Gebrauch gemacht? (Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?)

Nun sind Feiertage ein empfindliches Thema, auch verfassungsrechtlich. Ein Arbeitsverbot an Samstagen ist aber nicht dasselbe wie eine Anordnung von Feiertagen. Das Ergebnis von Herrn Graefs ist daher insgesamt wenig überraschend. Nur – würde die amtierende Landesregierung ihn jetzt noch mit so warmen Worten bedenken wir damals?

Mir ist es so lieber. Verwaltungsrichter sollen nicht vom Staat geliebt werden, sondern ihn in seinen Schranken halten. Herrn Graefs gelingt das über die Pensionierung hinaus ganz gut.