Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
04.04.2012

Wi(e)der Hakenkreuze

Es ist ein Kreuz mit dem Hakenkreuz (Vergebung für die Plattitüde).

Das Tragen eines Hakenkreuzes ist strafbar, ob es nun recht- oder linksherum dreht (§ 86a StGB). Dass es sich moralisch auch verbietet, aus mehr Gründen, als hier Platz haben, lassen wir mal beiseite.

Trotzdem kommen Hakenkreuze im Arbeitsleben vor. In einer überbetrieblichen Bildungseinrichtung für Bauberufe hat ein Lehrling (Sorry: Auszubildender) seine neu erworbenen Fähigkeiten genutzt, um ein Hakenkreuz aus Blech zu basteln (wie das so ist, hätte er für die Arbeit rein handwerklich eher eine 3- kassiert) und den Unterrichtsraum unserer Mandantin damit zu schmücken. Er ist darauf hinausgeflogen. Dummer Junge oder Gesinnungstäter?

Beim Schlichtungsausschuss herrschte darüber schnell Klarheit: Er brachte seinen gemütlich aussehenden Stiefvater mit, der uns erläuterte, ohne mit der Wimper zu zucken, dass das Hakenkreuz kein Nazisymbol sei (wer denkt an so was). Es stünde in der „nordischen“ Mythologie für die Sonne (im Norden, ja sicher). Er wollte gar nicht mehr aufhören zu reden und ich hätte ihm fast Umberto Ecos Klassiker („Einführung in die Semiotik“) geschenkt. Der rückgratlose Schlichtungsausschuss konnte sich trotzdem nur dazu durchringen, gar kein Votum abzugeben – statt die Kündigung durchzuwinken. Soll sich doch das Arbeitsgericht damit herumschlagen. Da ging er als nächstes hin.

Ich lebe nicht in einer Blase, wie der Kölner Stadt-Anzeiger mir endlich zeigt: Auch anderswo werden öffentlich immer wieder Versuche unternommen, Hakenkreuze zum Schein zu entnazifizieren. Da macht es ein Schüler, kein Auszubildender:

Es werde Zeit, dass mit dem Symbol wieder Positives verbunden werde. Das Hakenkreuz sei von den Nazis missbraucht worden. In der hinduistischen Kultur stehe ein Swastika, so der Name des Symbols, für Liebe, Frieden und Glück.

Ach ja, und er sei natürlich Hindu. Findet er (so richtig sieht er danach nicht aus). Seine Hakenkreuze hat er auftätowiert. Der Hinduismus schreibt indes das Tragen von Hakenkreuzen keineswegs als religiöse Pflicht vor. Damit kann man solche Diskussionen auch getrost dahin treten, wo sie hingehören: In die Tonne.

Sie finden den Naziquatsch albern und meinen, man solle damit Ruhe geben? Also: Erstens haben wir gerade eine Terrorbande entdeckt, die Leute getötet hat. Zweitens ist es Zeit zum Nachdenken – sehen Sie sich doch noch mal den Filmklassiker Cabaret mit Liza Minelli an. Ich merke da am deutlichsten: Die haben 1931 die Nazis für Spinner gehalten und wollten nicht genervt werden. Tja.

Der Auszubildende in meinem Fall hat die Klage übrigens zurückgenommen. Er will jetzt politische Arbeit machen. Ich bin sicher, sein Stiefvater hilft ihm dabei.

(Aufmerksam geworden auf den Artikel im Stadtanzeiger bin ich durch den Wissmit.Com-Blog). Dessen Frage „Hakenkreuz = Nazi“ kann man in Deutschland grundsätzlich immer mit „Ja“ beantworten.