Ulrich Wackerbarth ist Professor an der Fernuniversität Hagen für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Rechtsvergleichung. Aufgehängt an einer gesellschaftsrechtlichen Problematik, der sog. Aktionärsklage, hat er einen Blogbeitrag mit dem hinreißenden Titel “Großkanzleilyrik” verfasst. Er liefert auch die Begründung, warum nach seiner Beobachtung Rechtsanwälte – vor allem in großen Kanzleien – reformfeindlich sind. Lassen Sie es wirken:
a) Rechtsanwälten aus Großkanzleien fehlt jedes Interesse an rechtssicherem Recht. Sie suchen zwar für ihre Mandanten nach einer wasserdichten Lösung im Einzelfall. Rechtssicheres Recht hingegen führte nur zu weniger Streit und damit zu weniger Umsatz. Und welcher Rechtsanwalt wollte das schon?
b) Reformen sind mit Rechtsanwälten aus Großkanzleien allenfalls in kleinen Häppchen zu machen. Sie kennen das geltende Recht wie ihre Westentasche und haben eine Menge Lebenszeit investiert, um es so zu beherrschen wie sie es tun. Reformen gefährden diese Investition und sind daher stets besorgniserregend.
c) Rechtsanwälte aus Großkanzleien beraten in aller Regel nicht Anleger sondern Unternehmen. Deshalb reden sie auch in erster Linie mit den Geschäftsleitern und Organen dieser Unternehmen und neigen dazu, die Sicht der Manager besser zu verstehen als die der Anleger. Und damit sind ihre rechtspolitischen Vorschläge in aller Regel nicht unabhängig und damit unbrauchbar.
Mich trifft es natürlich weniger, weil ich nicht Partner einer Großkanzlei bin; andererseits ist Arbeitsrecht eines der größten Gebiete, auf dem Großkanzleien so tätig sind, und das sind allzu oft ganz exzellente Kollegen.
Ich kann nicht über das Gesellschaftsrecht urteilen, aber, verehrter Herr Wackerbarth, im Arbeitsrecht können wir – ob groß oder klein – nicht der Lebenszeit nachweinen, die wir gebraucht haben, um das geltende Recht kennenzulernen. Wir würden sonst ja immer weinen. Jedes EuGH-Urteil stellt alles wieder von neuem auf den Kopf. Und das ist nur eine Möglichkeit, die zu Tränen führt. Vom Gesetzgeber wollen wir gar nicht reden.
Und das Arbeitsrecht ein bisschen rechtssichererer zu machen, das wäre, so spreche ich mal für alle Kollegen in den Großkanzleien – ohne Auftrag – für uns alle eine helle Freude, von der wir wissen, dass sie nie eintritt.
Tja.