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06.09.2010
Urlaub über den Tod hinaus
Nach dem Tod bleiben nicht viele weltliche Dinge. Urlaub zählt seit neuestem aber dazu.
Das LAG Hamm (Urteil vom 22. April 2010 - 16 Sa 1502/09) hat jetzt entschieden, dass die Urlaubsabgeltungsansprüche verstorbener Arbeitnehmer vererbt werden.
Urlaubsabgeltung ist die “Auszahlung” von Urlaubsansprüchen in Geld. Urlaub kann man mit gesundem Menschenverstand nur als Freizeit zur Erholung verstehen (so versteht es das BAG auch im Grundsatz). Geld ist aber nicht dasselbe wie Freizeit. Unter anderem deshalb hat das deutsche BurlG die Abgeltung nicht genommener Urlaubstage auf einen Einzelfall beschränkt: wenn das Arbeitsverhältnis endet, muss der nicht genommene Urlaub ausgezahlt werden, § 7 Abs. 4 BurlG. Andere Fälle gibt es nicht. Das ist eine rein pragmatische Lösung. Nähme der Arbeitnehmer seinen Urlaub Huckepack mit zum neuen Arbeitgeber, wäre der sicher nicht erfreut, damit belastet zu werden, nur, weil es im alten Arbeitsverhältnis keinen Urlaub gab. Den Arbeitnehmer ganz leer ausgehen zu lassen, schien aber auch unfair.
Diese Abgeltungsansprüche sind durch die Rechtsprechung des EuGH erheblich ausgeweitet worden, weil die im BurlG eingebauten Verfallfristen nicht mehr uneingeschränkt gelten. Ist jemand lange krank, baut er - oft über Jahre - immer weiter “Urlaubsansprüche” auf, die dann zu horrenden Auszahlungen führen. Nach Meinung des LAG Hamm werden diese Ansprüche jetzt auch vererbt. Den (ausgezahlten) Urlaub bekommt also der Erbe des Arbeitnehmers.
Falscher geht es nicht. Hoffentlich macht das BAG hier einen dicken Strich durch das Urteil. Im Urlaubsrecht sind die Grundkonzeptionen sowieso mittlerweile derart unkenntlich geworden, dass sich offenbar jeder einen weiteren Privatwahnsinn zurechtspinnen kann (was leider auch für LAGs gilt). Das Zivilrecht kennt “höchstpersönliche” Leistungen. Dazu zählt - meinen wir - Urlaub. Denn den kann man niemandem anders als eben seinem Arbeitnehmer gewähren. Die höchstpersönliche Bindung heißt aber zweierlei: Nach dem Tod kein Urlaub. Und das Surrogat, die Abgeltung, gibt es dann natürlich auch nicht. Mit dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 BurlG hat das wenig zu tun. Res steht auch nicht im BGB, dass der Schneider sein Masshemd nicht an die Erben abgesetzt bekommt, wenn der Auftraggeber verstirbt. Eigentlich ein Gebot der juristischen Logik. Und er praktischen Vernunft. Was hat der Urlaub schließlich bei den Erben verloren? Eben: Nix.