Tagelöhner waren hier schon einmal Thema.
Der Tagelöhner ist für Ideologen ein Idealtypus des Arbeiters – jedenfalls meinen Ideologen das, die „den Arbeitgeber/Kapitalisten“ nch eigener Auffassung genau verstehen. Der Tagelöhner kommt morgens, um beim Kapo zu fragen, ob der heute etwas für ihn hat. Der Kapo knurrt dann „Ja“ oder „nein“. Bei „Ja“ reicht er ein Vertragsformular, dass die befristete Beschäftigung für einen Tag sichert. Der gesetzlichen Schriftform ist Genüge getan.
Will der Tagelöhner Urlaub machen, geht er nicht zum Kapo.
Der Tagelöhner hat zwar sicher einen Urlaubsanspruch aus dem BUrlG. Aber es nützt ja nichts, das morgens dem Kapo zu sagen, denn der wird dann keinen Arbeitsvertrag ‘rüberreichen – nie mehr, wenn man Pech hat.
Ist der Tagelöhner krank, wird er gar nicht erst antreten.
Mit ein bisschen Glück macht das nichts, er kann sich ja arbeitslos melden. Solange er die Voraussetzungen erfüllt, kann er dort, von der Solidargemeinschaft, Entgeltfortzahlung und Urlaub bekommen.
Das macht ihn eben so ideal. Mit solchen Sozialkosten muss sich der Arbeitgeber nicht belasten. Mit Kündigungsschutz auch nicht. Der Tagelöhner wird immer nur wegen Arbeitsspitzen befristet, als Aushilfe. Im Winter z.B. ein halbes Jahr lang mit Räumen, Streuen und danach wieder Wegfegen.
Der Tagelöhner ist nicht der Idealtypus des Arbeitnehmers, wie der Gewerkschafter ihn sich wünscht. Er gefällt, ganz nebenbei, auch nicht allen Arbeitgebern.
Gewerkschafter sind da aber flexibler. Linke auch. Wir schildern hier nämlich keine abstrakten Fälle. Tagelöhner gab und gibt es ausgerechnet bei der BSR, das ist die Berliner Stadtreinigung, und, wie man heute lesen darf, bei der GSH, einer Tochter der Hamburger Hafen Gesellschaft. Ulkig: Bei beiden Unternehmen sitzen Politik und Gewerkschafter an prominenter Stelle. Harald Wolf, Wirtschaftssenator in Berlin, ist z.B. Aufsichtsratschef der BSR. Er ist Mitglied der Partei DIE LINKE. Das mag erst einmal aber nur formale Verantwortung beschreiben, auch wenn Herr Wolf, darauf angesprochen, nix mit den Tagelöhnern zu tun haben will. In Berlin ist man immerhin soweit gegangen, die Gewerkschaften – wie man so schön sagt – mit ins Boot zu holen. Sie haben den Tagelöhner nämlich freundlicherweise mit einem Tarifvertrag abgesichert – Kleinstlohn inklusive und Tagesbefristung, na klar. Die Gewerkschaft war keine solche, wie ver.di oder DGB sie als „Schmuddelgewerkschaften“ verunglimpfen. Das heißt, sie waren keine Konkurrenten. Es handelt sich um ver.di selbst.
Auch im Hamburg waren die Gewerkschaften sehr, sehr entgegenkommend.
In der Tat ist es schöner, in Talkshows „die Arbeitgeber“ oder „die Neoliberalen“ zu schimpfen.
Aber warum kommen dann die Kommentare unter der Überschrift „den Hals nicht voll genug gekriegt“ (taz)? Wie wäre es mal mit „Skandalgewerkschaften mit Doppelmoral in tiefer Krise“? Arbeitgeber verhalten sich notgedrungen ökonomisch. Wer einen „Rahmen“ dafür will, muss ihn schaffen – wenn er es so macht, wie die Gewerkschaften im Fall der Tagelöhner, sollte er einfach schweigen…
Oder man sollte den Beteiligten Robert Rodriguez empfehlen. Der hat in seinem Film “Machete” über mexikanische Tagelöhner eine interessante Geschichte entworfen. Die hatten keine Lust mehr, sich ausbeuten zu lassen. Halt alles Fiktion. Der Tagelöhner, der ist Realität.