Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
16.07.2012

Sturmfest, erdverbunden, verglichen

Erinnern Sie sich an Aygül Özkan oder ihren Fahrer?

Wenn bei Ihnen nicht spontan sie Synapsen schnappen, eine kurze Erinnerungshilfe. Frau Özkan war 2011 und ist bis heute niedersächsische Sozialministerin. Bevor ich das aufgeshrieben habe, habe ich mich extra noch einmal auf dem Gruppenfoto der niedersächsichen Landesregierung vergewissert; das soll man machen, wenn man über Politiker schreibt, weil man bei der aktuellen Rücktrittsfrequenz auf allen Ebenen manchmal den Überblick verliert. Landespolitiker geraten da gerne in Vergessenheit, weil sie sich nicht dauerhaft in den Medien halten können (obwohl das einer Vorgängerin von Frau Özkan – Ursula v. d. Leyen – ja gelungen ist). Also: Sie ist noch da.

Ihr Fahrer nicht mehr. Dem hatte sie das Misstrauen ausgesprochen, was er mit ihrer „Dienstwagenaffäre“ beantwortete (angebliche Heimfahrten nach Hamburg und royales Verhalten). Das Misstrauen drückte sich in der vermeintlichen Herabstufung vom Fahrer der Ministerin zum zentralen Fahrer beim zentralen Fahrdienst der gleichfalls zentralen Polizeidirektion aus. Bevor wir fragen, warum Niederachsen Fahrer im „zentralen“ (?) Polizeidienst hat und wen die fahren: Dagegen klagte der Fahrer und bekam vor dem Arbeitsgericht auch Recht. Trotz aller Bemühungen der Landespresse gelang es nicht, das Thema irgendwie in der Öffentlichkeit zu halten.

Deshalb hatte auch jeder mit Ausnahme der Justiz vergessen, dass es ein Berufungsverfahren gab. Das ist nun vor dem niedersächsischen Landesarbeitsgericht abgeschlossen worden. Was Wunder: Die Ministerin bekommt durch einen einvernehmlichen Vergleich, was sie wollte. Sie muss sich nicht mehr von jemandem fahren lassen, dem sie nicht vertraut. Das überrascht weitaus weniger als das erstinstanzliche Urteil, das es anders sah. Ob hier ein Hinweis des Gerichts oder einfach nur gegenseitige Einsicht, vor allem auf Seiten des Fahrers, gewirkt haben, kann man natürlich nur spekulativ auflösen.

Hoffentlich gibt es bei der Polizei wenigstens anständige Dienstfahrzeuge. Vielleicht fährt man im „zentralen“ Fahrdienst mal einen Polizeipräsidenten oder auch mal ein Panzerfahrzeug im Wechsel. Jetzt jedenfalls mit Dienstzulage – als wäre man noch Fahrer der Ministerin: „Vergleich“ bedeutet eben gegenseitiges Nachgeben…