Rechtsanwalt Wolf J. Reuter

Jacobsen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
10707, Berlin
27.03.2012

Strike! Gottes Hand und ein Rohrkrepierer

Lauter Airlines hatten die böse Gewerkschaft der Fluglotsen auf Schadensersatz verklagt. Wir hatten über ein paar Rahmendaten ja informiert. Die gelten aber nur, wenn es um Klagen des bestreikten Arbeitgebers geht.

Das Besondere an der Frankfurter Klage ist, dass sie von sog. „Dritten“ kommt (im Juristischen kann der Dritte aber auch mal der Zweite sein, das ist ein anderes Feld…). Das sind hier Unternehmen – von Lufthansa bis Air Berlin – die gar nicht selbst bestreikt werden, weil sie an der Tarifauseinandersetzung nicht beteiligt sind (beteiligt sind natürlich nur die Arbeitgeber der Streikenden). Die Kläger waren nur mittelbar betroffen: Sie konnten nicht abheben, weil halt das Vorfeldpersonal streikte.

Dafür liegt die Hürde nicht nur noch höher, das Arbeitsgericht Frankfurt macht Schadensersatzforderungen unerreichbar. Ein Schadensersatz an Dritte wegen eines sog. Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stelle sich praktisch als Verletzung des Streik(grund-)rechts dar. Das verbietet sich von selbst.

Si tacuisses. Die Airlines wollten ein Grundsatzurteil. Jetzt haben sie eins.

Merkwürdig: Ein Schadensausgleich muss vor allem zwischen den Vertragspartnern erfolgen. Also: Airlines klagen gegen den Flughafen, weil der sie nicht abgefertigt hat. Flughafengesellschaft (= Arbeitgeber der Streikenden = Betroffener = Schadenersatzanspruch bei rechtswidrigem Streik) holt den Schaden dort wieder rein. Warum also überhaupt auf die Gewerkschaft einprügeln?

Grund 1: Die sollen mal diszipliniert werden, die Spartengewerkschaften gehen jedem gehörig auf die Nerven; Grund 2: Vermutlich ist in den mehrere hundert Seiten starken Verträgen mit den Airlines ein Haftungsausschluss vereinbart – für Streiks. Wir hatten letzte Woche einen US-amerikanischen „draft“ hier. Da wird die Haftung ausgeschlossen für

„…an Act of God (such as, but not limited to…strike or industrial action…)…“

Sogar in Amerika kennen die das Streikrecht. Es hat dort nicht nur grundgesetzlichen Schutz, sondern göttlichen Adel.

Wow.

Zeit für die Airlines, die Arbeitsrechtler zurückzupfeifen und die Vertragsanwälte zu aktivieren…